Das Ausgehen des Heiligen Geistes.
Die Wiederbringung aller Dinge.
Februar 1841
Wenn aber der Tröster kommen wird, welchen Ich
euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit,
der vom Vater ausgeht, der wird von mir zeugen (Joh.1S,26).
Oh Geist der Wahrheit, der du die nach Licht und Wahrheit Dürstenden nicht irren lassen, sondern sie in alle Wahrheit leiten willst, laß uns die obige Stelle in ihrem richtigen, Gott wohlgefälligen Sinn erfassen, wie sie verstanden werden soll. Denn siehe, nach dem buchstäblichen Sinn dieser Stelle wäre fast anzunehmen, als gingest du einzig und allein von der Eigenschaft des Vaters aus, was denn auch von der griechischen Kirche als ein Grundsatz des Glaubens angenommen ist.
Antwort: Diese Worte: "welcher vom Vater ausgeht," sprach Jesus im natürlichen Zustande seiner Menschheit aus, nach welcher Er vom Vater abhängig war und nach der Er auch das Sitzen zu seiner Rechten und zu seiner Linken nicht zu vergeben hatte, wie Er zu der Mutter der Kinder Zebedäi sagte, die Ihn für ihre Söhne um diesen Rang ansprach.
Jesus Christus hat uns im Vater-Unser einen sehr kurzen, einfachen, und deutlichen Begriff von dem dreieinigen Wesen Gottes geben wollen, und hat daher dieses göttliche Wesen, mit dem Er nach seiner Gottheit in vollkommener Vereinigung stand, Vater genannt als den Urgrund und Erzeuger alles dessen, was im Himmel und auf Erden, in der ganzen Schöpfung begriffen ist.
Wer aber unter den Sterblichen den hohen Namen Vater ausspricht, ohne dabei auch Jesum, den Eingebornen, samt dem Heiligen Geiste mit einzubegreifen, der ist in seinem Sinn verdüstert und verfehlt sich sehr an der Wahrheit. Ein solcher wird auch selbst bei ernsthaften Gebeten, die er zum Vater richtet, doch immer eine Leere in seinem Gemüt empfinden, die er sich selber nicht zu erklären im Stande sein wird; denn es mangelt ihm das unentbehrliche Mittel, oder der Mittler zwischen Gott und den Menschen, Jesus Christus.
Hingegen, wer den Herrn Jesum anruft, ohne dabei auch den Vater und den Heiligen Geist im Begriff zu haben, der scheidet durch einen solchen unrichtigen Begriff die Einheit des göttlichen Wesens, nicht ohne Schaden an seiner Seele.
Dieser Mißgriff in der reinen Erkenntnis Gottes möchte zwar von manchen christlich gesinnten Personen unter die verschiedenen Ansichten in Glaubenssachen gezählt werden, die aber eigentlich, nach ihrer Meinung, der Erkenntnis unsers Heils in Christo keinen wesentlichen Eintrag tun und der Seele keinen Schaden bringen.
Es ist einerseits wahr, daß es unter den aufgeweckten Christen verschiedene Ansichten über Glaubenswahrheiten gibt, unter denen sich auch solche befinden, die dem Christen an seinem Ziele, das ihm in Christo vorgesteckt ist, keinen eigentlichen Schaden bringen.
Aber den Fall gesetzt, ich mache mir von Gott und seinen Eigenschaften einen falschen Begriff, der sich während meiner Lebenszeit in meiner Seele nährt und zum Wesen fixiert, so ist ein solches Denken von Gott und seinem Wesen doch keineswegs als eine unschuldige Ansicht zu betrachten, sondern ist und bleibt ein Schade, den der Mensch an seiner Seele beim Austritt aus dieser Zeit in die geistige Welt mit hinübernimmt.
Über diesen Gegenstand ist indesssen schon in früheren Eröffnungen gesprochen worden, in welchen der Stand des Gottes-\und Menschensohnes zum Vater und zum Heiligen Geiste, wie auch die Einheit des dreieinigen Wesens ins Licht gestellt wurde. Wir wollen uns deswegen diesmal nicht weiter darüber ausdehnen, weil es uns hier nur darum zu tun ist, den rechten Sinn und Verstand der Worte Jesu in Joh.lS,26 zu erfassen.
Die in dieser Stelle enthaltene Äusserung Jesu an seine Jünger: "Ich werde euch den Geist der Wahrheit senden vom Vater, der von ihm ausgeht", ist also nur auf seinen damaligen Stand in der Menschheit zu beziehen, die zu jener Zeit noch nicht verklärt war. Denn die Verklärung auf dem Berge Tabor war nur eine vorübergehende Verklärung.
Seitdem aber Christus nach seiner Himmelfahrt in Geistleiblichkeit in die Himmel erhöht und als Gottes- und Menschensohn mit dem Vater vereinigt ist, so geht der Heilige Geist sowohl von seiner Eigenschaft als von der Eigenschaft des Vaters aus, als ein einiger Geist, der sich über alles ergießt und in allem wirkt, das eine Fähigkeit besitzt, Ihn als das Licht zu empfangen.
Nun kommen wir noch auf einen zweiten Gegenstand, den wir vor Dir, oh heilige Weisheit, fragend niederlegen. Es hat nämlich in früheren und späteren Zeiten manche erleuchtete Seelen gegeben, welche im Glauben an die Wiederbringung aller Dinge standen und die nach ihrer Erleuchtung behaupteten, daß selbst die von Gott einst abgefallenen Engel zu einer Zeit noch wiedergebracht werden sollen, was denn auch in der Eröffnung vom August 1839 bestätigt wird. Dieser Offenbarung wird aber von dem allergrößten Teil der Theologen und bibelgläubigen Christen, als schriftwidrig, hart widersprochen, weil man die Wiederbringung aller abgefallenen Engel in keiner einzigen Stelle der Heiligen Schrift angezeigt finde.
Antwort der Weisheit: In der Heiligen Schrift (die indessen niemals so angesehen werden soll, als enthielte sie eine vollständige Entwicklung aller Offenbarungen und Geheimnisse Gottes) liegt freilich diese unumstößliche Wahrheit von der Wiederbringung der von Gott abgefallenen Engel nicht auf der Oberfläche des Buchstabens vor Augen. Diese Offenbarung steht aber dennoch gerechtfertigt in der Natur der alles rettenden Gnade, nach der Gott alles dasjenige, was Er durch seinen Willen in der Liebe bei der Schöpfung zu einer ewig fortdauernden Glückseligkeit bestimmte und für gut anerkannte, wieder aus seinem verlorenen Zustande zu seinem ersten Ziele bringen will.
Das Böse ist nicht von Gott ausgegangen, daher kann es auch nicht unendliche Ewigkeiten hindurch fortdauern; denn nur das kann unaufhörlich bestehen, was unmittelbar von dem göttlichen Wesen ausgegangen ist. Gott bleibt seinem Gesetze der Liebe, das Er sich bei der Erschaffung der Kreatur selbst gemacht hat, treu, und seine Treue kann durch die Untreue des Geschöpfs nicht aufgehoben werden.
Die Hierarchie der von Gott abgefallenen Engel mit
ihrem Fürsten, die in unserm Gebiet einen großen Raum
einnimmt, hat ihre Zeit zu bestehen; sie hat ihren kürzesten
Tag und ihre längste Nacht, bis dieser Raum mit
seinen Bewohnern sich wieder dem Mittelpunkt der ewigen
Sonne zuwendet.
Die Wiederherstellung der von Gott abgefallenen Engel ist ferner noch gerechtfertigt im Geiste dadurch, dass Christus im Geiste hingegangen ist, zu predigen den Geistern in den Gefängnissen der Unterwelt, wo Er bis vor die Pforten der Hölle drang, dieselben erschütterte und durch diese Gewalt, als Überwinder des Todes und der Hölle (Offb.l,18) dem Satan die Auflösung seines Reiches ankündigte, daß nämlich alle Mächte und Herrschaften, die nicht aus Gott hervorgegangen, aufgehoben und der Tod mit seinem Grund der Hölle in den Sieg verschlungen werden sollen.
Diese Wiederbringung hat zwar, seit Christus in Geisteskraft in die Gefängnisse der Unterwelt gegangen ist und aus der Hölle einen Triumph gemacht hat, schon teilweise an vielen Geistern der Hölle angefangen, wird aber erst nach und nach, während der Dauer vieler Aeonen, vollständig ausgeführt werden. Jedoch wird sie nicht unmittelbar durch Christus, sondern mittelbar durch die Hierarchie der Gott treu gebliebenen Engel und durch die Auserwählten, die Christus zu Königen und Priestern machen wird, zustande gebracht werden. Christus hat also, um dieses große, vollständige Werk der Erlösung auszuführen, nicht nötig, noch einmal zu leiden und die Natur der von Gott abgefallenen Engel anzunehmen, wie einige irrigerweise meinten, dass es notwendig geschehen müsse, wenn der Teufel und die mit ihm von Gott abgefallenen Engel wiedergebracht werden sollten.
Ungeachtet nun diese Wiederbringung nicht auf der Oberfläche des Buchstabens der Heiligen Schrift liegt, so steht sie dennoch in der Tiefe und im Zusammenhange derselben fest gegründet. Sie kann jedoch nur von denen verstanden werden, die im Geiste gerechtfertigt sind, die sich aber täglich durch den Buchstaben töten und sich zu geistigen Märtyrern machen lassen durch solche, die nicht begreifen, was der geistige und göttliche Sinn in dem geoffenbarten Worte ist.
Dieses innere, geistige und unblutige Martertum ist ebenfalls nicht auf der Oberfläche des Buch-stabens in heiliger Schrift enthalten. Dessen ungeachtet aber ist und bleibt es eine unumstößliche Wahrheit, daß es schon in früheren Zeiten solche Märtyrer gegeben hat und deren in gegenwärtiger Zeit noch eine größere Anzahl geben wird, die von solchen Menschen gestraft und geistig getötet werden, welche den Sinn des Geistes in heiliger Schrift nach ihrem unzertrennlichen Zusammenhang nicht erfassen können.
Es ist probehaltige Wahrheit, in der Natur der Sache gegründet und durch Erfahrungen im Laufe der Zeiten bestätigt: Wer einzig und allein in der Bibel dasjenige erlernen will, was er doch an sich selbst und an der Menschheit, wie auch am Gange der Dinge, die in den Zeitläufen vorgegangen sind und noch vorgehen, erlernen soll, der macht in der Gotteserkenntnis, wie auch in der Erkenntnis seiner selbst tausend Umwege, weil die geschriebene Bibel erst vollständig wird durch die Bibel, die der Mensch selbst sein soll, und durch das große Buch der Natur.
Solche, welche zeitlebens einseitig in dem Buchstaben der Heiligen Schrift herumphilosophieren, immerdar lernen, aber nie zur Erkenntnis der wesentlichen Wahrheit kommen, können auch nicht tauglich werden, als Glieder in der Gemeinde des Geistes zu stehen, in welcher der Geist, vom Vater und vom Sohne ausgehend, die Schale vom Kern bald scheiden und die Hüllen wegtun wird, womit alle Völker, und selbst noch Gläubige, umhüllt sind.
Der Geist der Wahrheit wird die im Buchstaben geoffenbarten Wahrheiten also an das Licht stellen, dass davor die Buchstabenkrämer erzittern und als vor einer harten Rede zurücktreten werden. Amen !