Bei Amalie und Amelia

 

 

 

Die Magd kommt und spricht zu Jakobus: „Ich darf zu meiner Mutter gehen für die Zeit von ein bis zwei Stunden, die Hausmutter hat es mir erlaubt. Wenn du willst, so komme mit“. Jakobus: „Ich komme mit, Amelia, und du, Obeth, für dich würde der Gang sehr segensvoll werden“. Obeth: „Nur wenige Minuten Geduld, ich will meinen Leuten einige Anweisungen geben. Aber eins sei auch dir gesagt, wenn ich nicht befriedigt bin, mache ich dir ein Feuer“.

 

Als die Drei nach fünf Minuten Weges bei Amelias Mutter eintreten, ist auch gerade Arius, der Priester, gekommen, der die Drei überaus freundlich begrüßt. Es war ihm nicht recht, zwei Fremde bei Amalia zu sehen.

 

Da sagte Amelia: „Mutter, hier bringe ich dir einen Freund, er wird dir gewiss die ersehnte Hilfe bringen“. Amalie: „O Amelia, du gutes Kind, ich habe die Hoffnung aufgegeben. Die ganze Nacht hätte ich vor Schmerzen schreien können, und der Schlaf floh meine Augen und mein Lager. Wie besorgt ist der gute Arius, auch ihm machen meine Schmerzen Sorgen“. Arius: „O liebe Amalie, rede nicht so viel. Die Götter soll man nicht betrüben oder ihnen etwas abringen wollen. Es ist eben dein Schicksal, leiden zu müssen“.

 

Spricht Jakobus zu Amalie: „Ich habe deiner Tochter Hoffnung gemacht, dass du gesunden könntest, wenn du nur wolltest, darum bitte ich dich hier“. Arius: „Da wäre ich neugierig, wie du dieses anfangen willst, denn diese verkrüppelten Glieder können unmöglich wieder gerade werden“. Jakobus: „Warum nicht, lieber Freund? Sind denn deine Götter nicht imstande, einem Menschen die geraden Glieder wieder zu geben, die sie ihnen erst genommen haben? Überhaupt, was sind und wie sind deine Götter, als Vertreter und Priester musst du es wissen?“ Arius: „Wer und was bist du, welchen Ton erlaubst du dir als Fremder, mir, einem Priester gegenüber? Mit welchem Recht fragst du überhaupt?“

 

Jakobus: „Mit dem Recht der Menschlichkeit, die einem Jeden das Beste geben will, was sie kann. Du stellst dich auf einen ablehnenden Standpunkt und siehst in mir einen Feind, dem ist nicht so. Ich bin nur deinen falschen Gottesbegriffen und der Art, wie du dienst, nicht gut gesinnt und bin bereit, dir die Augen zu öffnen über diene Götter, die völlig tot und nur ein Mittel sind, die Menschen nieder zu halten, ja noch mehr, zu binden. Ich aber bin gekommen, um die Botschaft des wahren und lebendigen Gottes und Herrn zu verkünden, die in dem besteht, dass alle Menschen erlöst werden sollen von aller Knechtschaft, und ein freies und ewiges Leben erhalten sollen“.

 

Arius: „Ach, du bist ein Jude, einer von denen, die behaupten, sie seien die Auserwählten ihres Jehova, der ihr Gott sein soll, und dürfen dafür die Menschen ausbeuten in ihrer Habgier und Geldgier. Frage Amalie, ob ich jemals den geringsten Stater für meinen Dienst beansprucht habe“. Jakobus: „Darum dreht es sich jetzt nicht, was wir Menschen tun oder getan haben, sondern um den wahren und lebendigen Gott, von dem ich behaupte, Er will die Menschen zu den Glücklichsten machen, jetzt und bis in alle Ewigkeit, während deine Götter scheinbar nur auf ihr eigenes Wohl bedacht sind“. Arius: „Ich wage gar keine Antwort zu geben, denn deine Worte sind reine Gotteslästerung“.

 

Jakobus: „Freund, du möchtest mich los werden, darum werde ich auch nicht in dich dringen. Ich bin geladen von der Tochter des Hauses, um der Mutter Hilfe zu bringen. Darum bitte ich dich, mich nicht zu stören, damit das Übel nicht über dich komme.

 

Dich aber, Mutter Amalie, frage ich, könntest du an einen ewigen und lebendigen Gott glauben?“ Amalie: „Warum nicht, lieber Menschenfreund, wenn dieser Gott Liebe und Güte ist? Immer sehne ich mich nach etwas, was mich froh und zufrieden machen soll, aber es bleibt beim Sehnen. Siehe meine verkrüppelten Hände und Füße, ich muss stundenlang warten, bis gute Menschen kommen und mir mein Los erleichtern, und dazu gehört in erster Linie Arius! Noch nie hörte ich, dass ein Mensch mich fragte, ob ich an einen ewigen und lebendigen Gott glauben könne. Hier schaue, in der Ecke ist mein kleiner Hausgott. Seine Augen verfolgen mich auf Schritt und Tritt, ja, es ist mir, als wenn sie manchmal zornig blickten“. Jakobus: „Amalie, deine Antwort befriedigt mich. Um dich aber zu befreien von deinem Irrtum, und dass der Weg zum wahren Gott dir frei gemacht werde, werde ich deinem Hausgott ein anderes Plätzchen geben, bis du so weit bist, ihn ganz frei zu vernichten“.

 

Jakobus nahm die kleine Figur, wickelte sie in ein da liegendes Tuch und legte das kleine Bündel unter ihre Liegestatt. Arius wollte auffahren, aber Obeth sagte: „Lass diesen Menschen frei handeln, ich bin begierig, wie das enden wird“.

 

Jakobus: „Amalie höre, deine Sehnsucht ist dem wahren Gott bekannt. Durch mich will Er dir Hilfe geben. Nur eine Bedingung knüpft Er daran, dass du fest glaubst, dass nicht ich, sondern Er Selbst dir helfen kann und du Ihm allein die Ehre gibst“. Amalie: „Nichts weiter? Dieses wäre ja der Liebe Höchstes. Ja, deine Worte klingen so verheißungsvoll, ja, ich fühle, ja, ich glaube, dass mir Gott helfen wird“. Jakobus: „Liebe Amalie, auf deine Worte hin wollen wir zu dem seligen Werk schreiten. Du aber, Du herrlicher Meister, Du, mein Jesus, mein Gott und Vater, erfülle mich ganz mit Deiner Kraft und mit Deinem Geist“.

 

Jakobus legte seine beiden Hände auf Amalies Haupt und betete: „Mein Jesus, Deine Liebe in mir drängt mich, diesem Deinem Kinde zu helfen. Durchdringe mich ganz mit Deiner Kraft und verherrliche Dich in diesem Kinde. Amen. Du aber, Amalie, dir geschehe nach deinem Glauben. Stehe auf und sei von nun an Dienerin der Liebe, die sich jetzt an dir so herrlich offenbart. Jesus mit dir. Amen“.

 

Da ging ein Blitz, den auch Arius und Obeth sahen, durch Amalie. Ein Aufschrei, und Amalie sah auf ihre Hände, dann auf ihre Füße, wie sie gerade waren. Stand auf, reckte und streckte sich und sagte mit einem Tränenausbruch: „Ich bin gesund, o Du wahrer Gott gabst mir meine Gesundheit wieder. Was soll ich tun, um dir zu danken für dieses Geschenk?“ Jakobus: „Nichts, als zu glauben an den ewigen Gott und an Seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus, alle Götter als nicht da seiend betrachten und Seiner Lehre, die da lautet: Liebe Gott über alles und deinen Nächsten, wie dich selbst, den größten Eifer entgegen bringen“.

 

Da war es aus bei Arius. Er besah sich die Hände und Füße der Amalie und sagte: „O Freund, welch ein Abgrund tut sich mir auf, was habe ich getan, wie kann ich mich mit deinem Gott versöhnen?“ Jakobus: „Arius, werfe alle deine Götter ins Feuer und ergreife du mit ganzem Herzen Gott, den Herrn und Seinen Sohn Jesu, dann wirst du glücklich machen können, jetzt und allezeit“.

 

Amalie war außer sich. Unter Freuden und Weinen rief sie: „Diese Freude, diese Freude, das müssen alle erfahren“, und schnell war sie zum Hause hinaus. Nur Minuten dauerte es, da kamen auch schon die Nachbarn, beschauten das Wunder und wollten wissen, wer es vollbrachte. Da war es Arius, der sich zum Sprecher machte und dem wahren Gott die Ehre gab.

 

Unter den Neugierigen war auch eine alte betagte Mutter. Es war schwer, mit ihr zu reden, denn sie hatte zwei aussätzige Enkel, die noch mit anderen weit draußen, außer der Stadt, isoliert waren. Dieses Wunder war ihr eine Botschaft aus einer anderen Welt. Sie betrachtete das Wunder größer als den Gott, der es vollbrachte. Wiederum war es Arius, der die alte Mutter nach dortiger Art überzeugen konnte, dass diese Heilung kein Wunder, sondern der Ausdruck der großen Gottesliebe sei, von der sie heute erst erfahren.

 

Da ging ein Lächeln über ihr altes runzliges Gesicht. Aus ihrem zahnlosen Mund sprudelten die Worte: „Wenn dieser Gott solche Liebe besitzt, dann sollen auch die anderen diese Liebe erfahren“.