Ins Licht erhoben
Überwunden
sind die Stunden
meines Sterbens. -
Und ich lebe!
Und erhebe
meine Stimme, und ich klage
an und frage
euch, ihr Priester des Verderbens:
Schreit ihr nicht durch alle Gassen,
gottverlassen
sei die Erde?
Und die Menschheit eine Herde
triebbesessner,
pflichtvergessner
Zufallswesen, preisgegeben
einem Leben,
das nichts birgt als den Genuß?
Und sein Schluß
die Grabesstille?
Keines Schöpfers hoher Wille,
nur der Willkür blindes Spiel,
ursachlos und ohne Ziel
ist das menschliche Gewimmel?
Über ihm ein leerer Himmel? –
Die ihr solches lehrt und lebet,
hört: Dir gebet
Steine jenen,
die voll Sehnen
Brot erbaten.
Eure Taten
sind Verbrechen. Dreimal Wehe!
Eure Nähe,
pesthauchgleich und krankheitsbringend,
glückverschlingend!
Euer Lehren,
euer Wehren
ist vergebens:
Das Gesetz wird euch erfassen.
Denn wir lassen
nicht vom Rufen, wir, die Toten,
wir die Boten
ew'gen Lebens.
Es weht der Wind, es schäumt das Meer,
. /die grauen Wolken eilen.
Ich habe keine Stätte mehr,
um gastlich zu verweilen.
Das Haupt so müd, das Herz so schwer,
und immer weiter wandern.
Wo finden sie den Mut nur her,
die vielen, vielen ändern?
Es rinnt der Sand im Stundenglas,
es rann dahin mein Leben.
Und schau ich rückwärts, frag ich: Was
hab ich der Welt gegeben?
Ich nahm und nahm! Nahm Glanz und Macht,
sie ewig zu behalten. -
Dann kam die bange Todesnacht,
und dann kam das Erkalten.
Und nur ein Schrei aus weher Brust,
ein Schrei ist mir geblieben:
Ich habe es ja nicht gewußt!
Man kann nur eines: Lieben!
Sterben ist leicht,
glaub mir, es gleicht
glückhaftem Traum.
Weit wird der Raum -
du schenkst dich im
uferlos strömenden Glück
dem Urmeer zurück...
Ich aber weiß, es ist uns vorbehalten
der Lebenswerte höchster bis zum Schluß.
Dann naht sich uns die hehrste der Gewalten,
und unser Wollen wird vor ihr zum Muß,
und unser Ahnen weitet sich zum Wissen
und macht aus unserm Mangel Überfluß.
Was lebenslang wir suchen und vermissen,
wird uns zurückgeschenkt im Todeskuß.
Kennst du der Geigenstimmen heißes Drängen
der Flöten Eile und der Harfen Hast
zurückzufinden aus den Übergängen
zu dem Akkord, der alle Klänge faßt?
So stürmen wir, vom Schlußakkord gezogen,
von Ziel zu Ziel und fliehn von Rast zu Rast -
des Lebensstromes ungestüme Wogen -
dem Meere zu, in Gottes Glut und Glast
Sommersatt steht das Getreide.
Sollst nicht weinen, wenn ich scheide
aus dem engumgrenzten Kreis,
weil ich neue Wege weiß.
Sommerwind wiegt das Getreide,
tröste lind auch dich im Leide,
singt dir meine Melodie,
wenn ich in die Feme zieh.
Schnitter schneiden das Getreide.
Bald schließ ich die Augen beide,
doch aus sternumstrahltem Tor
tret ich morgenfrisch hervor.
Mein Herz weiß längst, wo es dich suchen soll,
es weiß geborgen dich im lichten Land.
Mein Äug nur, unbelehrbar, sehnsuchtsvoll,
sieht immer noch dein irdisches Gewand,
geliebtes Bild im leergewordnen Raum.
Doch Nächte kommen, wo du nah mir bist,
und manchmal hebst du mich zu dir im Traum
und sagst mir, daß mein Schmerz der Schleier ist,
der dich verhüllt. Und ich gelobe dir,
was mir am ändern Tag so schwer erscheint:
In Glanz und Glück zu gehn, du dort, ich hier -
in Gottes großem Licht sind wir vereint.
Was soll des letzten Liedes süßer Klang,
was soll der mildverklärte Abgesang
und dieses Lichtes überreiches Fließen,
eh sich die Pforten meiner Augen schließen?
Vielschöne Welt, ist das dein Scheidegruß?
Schon an der Schwelle, zögert noch mein Fuß,
als könnte er mich nicht hinübertragen ...
Vielschöne Welt, was will dein Gruß mir sagen?
Du bist verwandelt - oder bin es ich
und gieß des nahen Himmels Glanz in dich
und bin verklärten Liedes letzter Klang,
Vollendung und Beginn im neuen Sang?
So nehmen Rosen Abschied von der Welt,
wenn Blatt um Blatt aus ihrer Krone fallt,
indessen sie in selbstvergessnem Glühn
aus Sonnensehnsucht sich zu Tode blühn ...
So du mich liebtest, segne auch die Stunde,
a mich der stille Engel sanft geküßt,
weil ich um alle deine Klagen wüßt'
und alle Qualen mit dir leiden müßt',
auch jene, die du trägst mit stummem Munde.
Gott gab die letzte Weihe unserm Bunde,
nicht Trennung, nur Verwandlung ist der Tod!
Ins Licht erhoben seh ich alle Not
und alles Glück, das uns die Erde bot,
als lichtes Bild auf einem goldnen Grunde.
Durch deine Augen schaue ich die Erde,
durch deine Seele seh ich sie verklärt,
seitdem ich leibbefreit und unbeschwert
zu neuen Fernen dringe, die mich riefen.
Ich bin nicht tot, und du bist nicht allein;
gebunden bleibt das Band, das uns verbindet.
Und wie dein Herz in mir den Schutz, so findet
das meine seine Erdenrast in dir,
wenn es, vergangnem Leben zugewendet,
des Erdendaseins Sinn zu deuten strebt.
Und in dem Maße, als es sich erhebt,
hebt es zu neuem Fühlen auch das deine.
Durch deine Augen schaue ich die Erde -
du kannst durch meine jene Sphären sehn,
durch die wir Hand in Hand nun weitergehn,
bis wir den Ursprung allen Leuchtens finden.