Widmung
Anläßlich unserer Görlitz-Reise Ende August 2002 haben wir in das Gästebuch in der Nikolai-Kirche folgenden Text gesetzt:
"Auf das Grab von Jakob Böhme haben wir eine frische Rose gestellt. Für uns ist Jakob Böhme einer der großen Wegbereiter für die Neuoffenbarung, die uns Jesus Christus, unser himmlischer Vater, durch Jakob Lorber geschenkt hat.
Die Dornenrose ist ein Symbol des Dornenweges von Jesus Christus. Er hat uns den Weg unserer geistigen Wiedergeburt bis zur Vollendung vorgelebt. Mit Seiner Kreuzigung wurde Jesus Christus als Menschensohn wieder vergottet.
Das Begleitheft der Evangelischen Kulturstiftung Görlitz werden wir mit Farbfotos in unsere Homepage aufnehmen. Diese Homepage haben wir Meister Eckehart, Jakob Böhme, Emanuel Swedenborg und Jakob Lorber gewidmet."
Görlitz, 28.8.2002
Nachfolgend wird dieses Begleitheft wiedergegeben, das später noch durch andere Arbeiten ergänzt wird, die uns anläßlich der Führung durch Frau Claudia Pioch und bei einem anderen Anlaß durch den Projektleiter, Herrn Gerhard Kienz, vorgestellt und erläutert wurden, der uns die Erlaubnis für den Abdruck des Begleitheftes und des Text-Heftes erteilt hat.
1. Begleitheft:
Begleitheft
zur Jakob-Böhme-Ausstellung in der Nikolaikirche
Aus
Anlaß der Internationalen Jakob-Böhme-Ehrung
Evangelische
Kulturstiftung Görlitz
Der
Ausstellungsort: St. Nikolai Kirche
Gelegen in der
Nikolaivorstadt, gilt sie als älteste erhaltene Kirche der Stadt (um 1100). Da
die nahe Peterskirche Pfarrkirche war, wurde St. Nikolai als Friedhofskirche
genutzt. In unserem Jahrhundert erhielt sie die Funktion einer Gedächtnisstätte
für die Kriegsopfer des 1. Weltkrieges. Die neugotischen Säulen und die
Namenszüge an der Emporenwand sind dabei mit einer modernen Farben- und
Formensprache ausgestaltet worden, die der barocke Altar mühsam zu vermitteln
sucht.
In den vergangenen Jahren kaum zugänglich,
war sie Lager des Interieurs
der Dorfkirche von Deutsch-Ossig, die dem Kohleabbau zum Opfer fiel, und in Königshufen
wieder erstand.
Die Festlichkeiten im Rahmen der Internationalen Jakob-Böhme-Ehrung
1999/2000 waren für die Evangelische Kulturstiftung Görlitz Anlaß, mit einer
Dauerausstellung in St. Nikolai des berühmtesten Bürgers unserer Stadt zu
gedenken, der auf dem mauerumfriedeten Kirchhof seine letzte Ruhestätte
gefunden hat.
Nikolaikirche
Das
Thema der Jakob-Böhme-Ausstellung
Der Lebensweg des Schuhmachermeisters unserer Stadt war anfangs so
unbedeutend, daß niemand daran dachte, sein genaues Geburtsdatum zu überliefern
(1575). Um das Jahr 1600 kommt es zu einem besonderen persönlichen Erleben J. Böhmes.
Die Erscheinung war so überwältigend, daß es nicht in Worte zu fassen war. Für
ihn ist es die Berührung mit einer anderen Welt, wenn er schreibt:
„Mir ist die Pforte eröffnet, daß ich in einer Viertelstunden
mehr gesehen und gewußt habe, als wenn ich wäre viel Jahre auf hohen Schulen
gewesen, dessen ich mich hoch verwunderte, wußte nicht, wie mir geschah. ...
Denn ich sahe und erkannte das Wesen aller Wesen..., das Herkommen und den
Urstand der Welt."
"Wem
die Tür zum Himmel geöffnet wurde - Jakob Böhme"
In der Ausstellung bekommt der Besucher im Eingangsbereich einen
Einblick in das Leben und Werk J. Böhmes (1575 - 1624). Es wird nicht der
Versuch unternommen, aus der damaligen Zeit und den Lebensumständen das Werk
des berühmtesten Görlitzers zu erklären. Genausowenig soll versucht werden,
sich wissenschaftlich dem Philosophus Teutonikus, wie ihn Balthasar Walther
nannte, zu nähern. Vielmehr wollen wir der Spur des Gottsuchers J. Böhme
nachgehen. Dabei wird das Erleuchtungserlebnis eine zentrale Rolle spielen.
Hier sind die Antworten zu finden, die der Schuhmacher auf seine
grundlegenden persönlichen Fragen erhielt. Die Antworten gelten einem
zweifelnden, angefochtenen Menschen;
"Denn Gottes Liebe kommt allein den Schwachen, Demütigen,
Verlassenen zu Hilfe, und nicht dem was in Feuersmacht fähret, nicht der Macht der
Eigenheit, sondern der Ohnmacht und Verlassenheit." (J. Böhme, Mysterium Magnum)
Das
Ausstellungskonzept
Der Ausstellung liegt von Anfang an die Überzeugung zugrunde, daß
das Zeugnis von J. Böhme uns heutigen modernen Menschen eine Botschaft sein
kann, die leben hilft, weil sie so hoffnungsvoll ist.
Dabei werden Zitate aus seinem umfangreichen Schaffen (über 34
Schriften) vorgestellt.
Ein Prinzip der Textauswahl sollte die Einfachheit sein, weil sie
dem Schuhmacher gemäß ist, wenn er schreibt: "Aber Gott wills also haben,
es gefällt ihm wohl, daß er die Weisheit dieser Welt zum Toren macht und seine
Kraft den Schwachen gibt." Er selbst hat sich nicht immer an dieses Prinzip
der Einfachheit gehalten.
Allein von Texten, die auch wegen ihrer notwendigen Kürze mißverständlich
werden, wird eine Ausstellung nicht leben können.
Aber wie kann man sich noch dem Philosophus Teutonikus nähern,
dessen Werk zu den schwierigen Texten der Weltliteratur gehört, dessen Sprache
uns fremd ist, dessen Logik oft über die Vernunft hinausgeht und dann wie
Narrheit klingt?
Den Werkausgaben Böhmes sind Kupferstiche beigegeben als optisches
Verständigungsmittel, das uns heute aber kaum weiterhilft in seiner mystischen
Symbolik.
Jakob Böhme stand bei seiner schriftstellerischen Arbeit, wie auch
wir heute mit dem Ausstellungsprojekt, vor den Problemen, höhere Weisheit in
irdische Worte zu fassen, d. h. "Ewiges" mit "Zeitlichem" zu
verbinden. "Wie wollen wir das in dieser Welt mit Vernunftkunst finden, was
nicht in dieser Welt ist."
Jakob Böhme hat eine Lösung darin gesucht, daß er der Logik, dem
Verstand nicht die vorrangige Erkenntnisfähigkeit zugesprochen hat, sondern den
Leser in seinem Herzen und in seiner Seele anzusprechen versuchte.
Er geht davon aus, daß das Herz und die Seele der himmlischen
Weisheit verwandt sind und von daher erkenntnisvermittelnd wirken, ("Die
Seele gehört der unsichtbaren Welt an, die der sichtbaren Welt doch ganz
verborgen ist.")
Wenn das so ist, müssen wir uns umso mehr mühen, die Botschaft Böhmes in die Tiefe
zu bringen, in Bereiche des Inneren.
Die Kunst kann dabei gute Dienste leisten. Im Sinne Böhmes "ist
die Kunst Gottes Werkzeug, damit die Göttliche Weisheit arbeitet."
Texte des Schuhmachers, in Verbindung mit alter Handwerkskunst, und Bilder,
Installationen, Plastiken und Symbole sollen den Betrachter zum Meditieren
anregen und behilflich sein, etwas vom Wesen der Botschaft zu vermitteln.
Die Symbole Tür, Schlüssel und Riegel weisen immer wieder auf die
Verborgenheit der Wahrheit, der Weisheit und des Lebenssinns hin. Es bedarf des
menschlichen Willens und der Tat, um die Geheimnisse des Lebens zu erfahren.
Hermann Hesse sagt dazu treffend: "Weisheit ist nicht mitteilbar.
Weisheit, weIche ein Weiser mitzuteilen versucht, klingt immer wie Narrheit.
Wenn im praktischen Vollzug das Geheimnis zu finden ist, dann gehört
zum Ausstellungskonzept auch das Werkstattprinzip.
Der Stand der Ausstellung ist nicht als vollendet zu betrachten. Im
Gegenteil, es ist ein Anfang gemacht, der sich fortsetzt, indem eine offene
Gruppe von ganz verschiedenen Menschen sich von J. Böhme anreden läßt und
jeder das gestaltet, was ihm persönlich wichtiq qeworden ist.
Ausstellungsschwerpunkte
In der Dauerausstellung sollen vorerst 7 Ausstellungsschwerpunkte
eine Rolle spielen:
1.
Die unstandesgemäße Geistesgröße des Schusters Jakob Böhme
2.
Der zweifelnde Gottsucher
3.
Der Erleuchtete
4.
Der aus der Dunkelheit kommende Verkünder des Lichts
5.
Der angefeindete Prophet
6.
Die verändernde Wirkung des Geschauten - Der neue Mensch
7.
Jakob Böhmes Ende - Ein seliger Anfang
Thema
1
"Die
unstandesgemäße Geistesgröße des Schusters
Jakob Böhme."
Für
den interessierten Besucher,
auch den, der sich vorher nicht mit Böhme und seinem Werk beschäftigt hat,
werden im Eingangsbereich biographische und zeitgeschichtliche Informationen
geboten, die zum eigentlichen Ausstellungsinhalt
führen sollen.
Die Texte sind im Rahmen des Projektes "Mystisches Haus - Böhme
99" entstanden, das Studenten des Studienganges für kulturelle
Infrastruktur Sachsen der Fachhochschule Zittau/Görlitz entwickelt haben.
Jakob Böhme 1575-1624
Helmut
Silbermann (VBK Niedersachsen)
1575 |
Geboren als
viertes Kind einer protestantischen Bauernfamilie in Nieder-Altseidenberg.
Aufgrund seiner schwächlichen Gesundheit erlernt er das
Schuhmacherhandwerk |
1599 24. |
April: Böhme
wird das Görlitzer Bürgerrecht als Schuhmachermeister verliehen. 10.
Mai: Böhme heiratet Katharina Kuntzschmann. 21. August:
Erwerb des Hauses am Töpferberg |
1600 29. |
Januar: Der erste Sohn, Jakob, wird geboren. Böhme hat ein mystisches Erlebnis beim Anblick eines zinnernen Gefäßes. |
1610 |
Neuerliche Erleuchtung Bezug des Hauses zwischen den Neißetoren |
1611 |
Niederschrift des ersten Werkes Die Morgenröte im Aufgang ... genannt Aurora. Karl Ender von Sercha läßt ohne Wissen Böhmes eine Abschrift anfertigen und verbreiten. |
1613 |
Verkauf der Schuhbank (12. März) Der
Görlitzer Oberpfarrer Gregor Richter erfährt von der Abfassung der
Aurora und bezeichnet Böhme öffentlich als gefährlichen Ketzer. 26. Juli: Verhaftung und kurzzeitige Inhaftierung durch den
Magistrat; das Buchmanuskript wird beschlagnahmt. 30. Juli: Glaubensverhör durch G. Richter und Schreibverbot 1618 Böhme setzt aufgrund des Drängens seiner Freunde seine
Aufzeichnungen fort. Er legt sein Schuhmacherhandwerk gänzlich nieder. |
1619 |
Böhmes zweites Werk Die Beschreibung der drei Prinzipien göttlichen
Wesens entsteht. Zusammen mit seiner Frau betreibt er einen Garnhandel und ist
geschäftlich viel unterwegs. |
1620 |
Besuche bei einflußreichen Freunden; Krankheit und Erschöpfung; es entstehen weitere Buchmanuskripte, die durch Freunde kopiert und verbreitet werden. |
1621-23 |
Böhme reist mehrmals nach Schlesien, wo ein Freundes- und Schülerkreis
um ihn entsteht. Er führt zahlreiche Gespräche und Disputationen. Es entstehen die Werke Vom dreifachen Leben des Menschen, Vierzig
Fragen von der Seele, Von der Menschwerdung Jesu Christi, Sechs theosophische Punkte, De Signatura rerum, Von der Gnadenwahl, Mysterium Magnum, Theosophische
Sendbriefe. |
1624 |
Nach der Erscheinung des Werkes Der Weg zu Christo greift Gregor
Richter Böhme erneut öffentlich an. Böhme entschließt sich, Görlitz
zunächst zu verlassen. Im Mai begibt er sich nach Dresden, einer
Einladung an den kurfürstlich sächsischen Hof folgend. Eine Audienz beim Kurfürsten bleibt aus. Am 24. August stirbt
Gregor Richter. Böhme kehrt krank und schwach am 7. November zurück nach
Görlitz. Am 17. November stirbt er. Erst durch einen Stadtratsbeschluß
wird die Durchführung des Trauergottesdienstes erzwungen. Das von
Freunden gestiftete Grabkreuz wird geschändet. |
Joakob Böhme – Grab auf dem
Friedhof an der Nikolei-Kirrche
Böhme-Stätten
Geburtshaus
Jakob Böhmes in Alt-Seidenberg (heute: Zawidow, Polen)
Kirche
von Seidenberg,
Taufkirche Jakob Böhmes
Das
erste Böhme-Haus
Das von 1599 bis 1608 von Jakob Böhme als Eigentümer und bis 1610
als Mieter bewohnte Haus am Ostufer der Neiße. Heute kann man seine frisch
sanierte rote Fassade in Zgorzelec bewundern.
Das
zweite Böhme-Haus
(1610 - 1624) direkt am Neißetor, ist nicht mehr erhalten.
Die
Görlitzer Peterskirche
Hier heiratete Jakob Böhme 1599 Katharina Kuntzschmann, auch ihre
vier Söhne wurden hier getauft. Hier hörte er die Erweckungspredigten Martin
Mollers, mußte aber auch die Kanzelangriffe Gregor Richters über sich ergehen
lassen.
Das
Pfarrhaus der Peterskirche
Amtswohnung Gregor Richters und Stätte des geistlichen Verhörs
Jakob Böhmes am 30. Juli 1613
Böhme-Grab
auf dem Nikolaifriedhof
1869 stiftete die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften
zu Görlitz einen Grabstein. Das ursprüngliche Holzkreuz wurde kurz nach Böhmes
Beisetzung vom Pöbel zerstört.
Die liegende Grabplatte mit Darstellung der philosophischen Kugel
und der Abkürzung RS, Signatura, weist auf Symbole der Werke "Psychologia
Vera" und "De Signatura Rerum" hin. Sie wurde 1922 von einem
amerikanischen Freundeskreis gestiftet.
Böhme-Denkmal
Das 1898 von Johannes Pfuhl geschaffene Jakob-Böhme-Denkmal kann im
Park an der Brückenstraße betrachtet werden.
Thema
2 "Der zweifelnde Gottsucher"
Jakob Böhme nimmt an den Ereignissen seiner Zeit regen Anteil.
Dabei muß er erleben, daß das Reformationswerk Martin Luthers Glaubenszwist,
Bauernkrieg und den Dreißigjährigen Krieg nach sich ziehen, mit unsäglichem
Elend für die Völker des Kontinents. Das christliche Europa ist gespalten und
bedroht durch die vorrückenden Türkenheere, die Sieg um Sieg erringen. Der
Balkan, ein wichtiger Absatzmarkt der Görlitzer Handelsware, geht verloren.
Für Böhme ist dieses Geschehen nicht zufällige Willkür der
Geschichte. Die Bibel, das Buch, was er wie kein anderes kennt, weist ihn auf
den Heilsplan Gottes für diese Welt hin. Aber er kann diesen Heilsplan nicht
erkennen. Daß alles sich selber überlassen sein könnte, oder daß der Fluch
über der Welt stärker ist als der Segen, sind Fragen, die ihn anfechten.
An der Bibel hält Böhme zwingend fest, als ob er ohne diesen Halt
nicht hätte weiterleben können, nach dem Grundsatz: "Das ist Glaube, daß
ich eher das Leben verlieren wollte, als seiner Verheißung nicht glauben
wollen."
Er nimmt die Verheißungen ganz wörtlich und sucht verzweifelt nach
dem Sinn des heillosen Geschehens.
Um leben zu können, wählt Böhme den Weg, mit Gott um Antwort auf
seine Grundfragen zu ringen. Er öffnet sich mit allen Zweifeln und aller
Dunkelheit seines Herzens und seiner Seele. Ein anderer Weg wäre, die Fragen
nicht an sich herankommen zu lassen, sich zu schützen durch eine innere Mauer
oder sie einfach zu vergessen, damit das Innere geschont bleibt. Der Preis für
den zweiten Weg ist hoch, nicht "selbst" sein zu können, das
Besondere, die inneren Schätze verschließen zu müssen.
Die 9. Welle
Wasser kann Leben erhalten und vernichten. Zu denken ist hier an die
Grimmigkeit der 9. Welle, die Schiffe bersten läßt und auch noch die letzten
überlebenden Schiffbrüchigen zu verschlingen droht. Die Aussichtslosigkeit,
die Gefährdung des Lebens kann kaum gesteigert werden, als in dieser Bildszene.
"Du ...
zerbrichst dem Tode seine Gewalt ... und zeigest uns den Weg des Lebens '..
Du erquickest
die Elenden. Du tränkest sie in ihrem Durst und gibst ihnen Wasser des ewigen
Lebens... Die dürre Stätte des Herzens und der Seele befeuchtest du mit deinem
Regen und gibst ihnen Wasser deiner Barmherzigkeit.
"So denn nichts Höheres ist als die Seele, so ist auch nichts, daß
sie kann zerbrechen,"
Die
suchenden Augen
Der erste und dominierende Ratgeber des Menschen sind seine Augen.
Sie können funkelnd leuchten oder sind verhangen, je nach Gemütslage. Nur im
Licht
Die Augen können offen sein und trotzdem geschlossen, mit Fensterläden
von innen, wenn das Gesehene nicht mehr zu ertragen ist oder die Dunkelheit der
Seele niemanden etwas angehen soll.
Der halbtote Baum, wie ein geplagter Mensch mit den suchenden Augen.
"Ihnen (den Menschen) ist als wenn's immer
donnert und wettert...
1. Die Härtigkeit gebäret harte, rauhe, kalte und herbe Qualität.
2. Die Süßigkeit ist verschmachtet, ... da kein Saft mehr im Holze ist, ...
3. Die Bitterkeit... ist bitter als Gallen.
4. Das Feuer brennt als grimmiger Schwefel.
5. Die Liebe ist eine Feindschaft.
6. Der Schall ist nichts als hartes Pochen gleich einem hohlen
Feuerklang, als ob es einen Donnerschlag tät.
7. Das Revier des Korpus ist ein Trauerhaus.
(J. Böhme, Aurora 10,65)
Die
ungelebten Gefühle
G. Kienz, H. Kalke
"Das edle
Perlein liegt in manchem angefochtenen bet.rübtem Gemüt gar viel näher, als
in dem, der da meint, er habs ergriffen."
(J. Böhme, Trostbrief von den 4 Komplexionen)
Die Installation soll Denkanstöße geben, sich mit Dingen zu
befassen, über die zu reden nicht üblich ist. Dinge des Inneren, die doch
eigentlich niemanden
etwas angehen, die im kalten, dunklen Keller gut aufgehoben
scheinen.
Die ungelebten Gefühle, die unerkannt bleiben sollen, geschützt vor
Öffentlichkeit, Kritik, Mitleid, Eigennutz, Berührung. Dabei kann nur heilen,
was lebt. Vielleicht gibt es noch etwas anderes zu entdecken im vergessenen
Kellerversteck - Schätze der Seele -. "Wer in seinem eigenen Hause fremd
sein könnte, das wäre die wahre Armut."
Aber ... der sanfte Geist des Herzens (die Sanftmut) durch die herbe und
bittere Qualität fähret und überwindet dieselbe und ob er gleich... herb und
bitter infizieret wird, ... dennoch überwindet er. So er aber wolle freiwillig in der Hölle im
herben und bitteren Geiste bleiben sitzen und sich lassen fangen und nicht kämpfen,
so wäre die Schuld sein."
Thema
3 "Der Erleuchtete"
Jakob Böhmes
schriftstellerisches Werk hat eine ganz bestimmte Ursache. Es ist einem Erlebnis geschuldet, das ihn in seinem Innersten erschüttert
und erhoben hat - die Erleuchtung aus dem Jahre 1600 und weitere Erfahrungen
dieser Art -.
Diese innere
Ergriffenheit war so überwältigend, daß es sich einem Vergleich mit der
Wahrnehmung der menschlichen Sinne entzieht. Es war nicht in Worte zu fassen. Dieses Erlebnis ist einerseits als krankhafter Ausbruch
eines extremen Gemütszustandes gedeutet und andererseits verglichen worden mit Beschreibungen
ähnlicher Art bei Kirchenvätern und Heiligen. Die Bibel redet in diesem
Zusammenhang vom "erfüllt werden
mit dem Heiligen Geist".
Die Einsicht,
die Intuition, die Erleuchtung, erlangte Böhme nachdem er ohne nachzulassen mit
der Liebe und Barmherzigkeit Gottes gerungen hatte, um Antworten auf die Fragen der Sinnkrise seines Lebens zu
erhalten:
"Als sich
aber in solcher Trübsal mein Geist... ernstlich
in Gott erhob,
als mit einem großen Sturm, und mein ganzes Herz und Gemüt samt allen anderen
Gedanken und Willen sich darein schloß, ohne nachzulassen mit der Liebe und
Barmherzigkeit Gottes zu ringen, er segnete mich denn, ... damit ich seinen
Willen verstehen möge und meine Traurigkeit los werden, so brach der
Geist Gottes durch."
(J. Böhme, Aurora
19. 3-17)
Das geschaute
Wunderbare:
,,So ist alsbald... mein Geist durchgedrungen und allda mit Liebe umfangen
worden, wie ein Bräutigam
seine liebe Braut umfängt.
Was das für ein Triumphieren in dem Geiste gewesen sei, kann ich nicht schreiben noch
reden, es läßt
sich auch
nicht vergleichen, als nur mit dem, wo mitten im Tode das Leben geboren wird.
In diesem Lichte hat mein Geist alsbald durch alles gesehen und an allen
Kreaturen an Kraut und Gras Gott erkannt. Wär er, wie er und was sein Wille
sei."
(J. Böhme,
Aurora 19. 3-17)
Die
Jakobsleiter
Reproduktion
"Mir aber ist die Leiter Jakobs gezeiget, darauf bin ich
gestiegen bis in den Himmel und habe meine Ware empfangen, die ich feil
habe."
Thema
4 "Der aus der Dunkelheit kommende Verkünder des Lichts"
Jakob Böhme erschrickt vor dem Bösen in der Welt, vor der
Dunkelheit in seiner eigenen Seele. Er, der Empfindsame, Sanftmütige, Begabte
leidet besonders an der Welt und muß feststellen, daß hier seine Seele nicht
zu Hause ist.
"Die melancholische Natur ist fInster und dürre, gibt wenig
Wesenheit, frisset sich in sich selber und bleibet immer im Trauerhause,
wenngleich die Sonne in ihr scheinet."
Diese Dimension der Tiefe nimmt Böhme nicht als unabänderlich hin,
sondern ringt dagegen an, soweit es seine Kräfte erlauben, bis sich in
erstaunlicher Weise seine Befindlichkeit, seine Sicht der Dinge grundsätzlich
verändert.
Frederic F. Flach schreibt zu Phänomenen der Korrespondenz von
seelischer Dunkelheit und Weisheit: "Die meisten kreativen Menschen werden... bestätigen
können, daß sie... Phasen akuter Depression durchgemacht haben, aus denen sie
stets zu höchster Kreativität gelangten."
Wie wenn es eine Verbindung gibt, zwischen den tiefsten Tiefen des
Gemüts und den höchsten Höhen der Erkenntnis. Wie wenn sich verworfen fühlen
und auserwählt sein in aller Unvereinbarkeit zusammengehören.
Die Zweiflerin
Katrin Jähne
„Wohin sie auch bei sich schaute, sie sah nur Dunkel: keine Möglichkeit
beten zu können, nur Kälte und innere Leere, als ob sie keine Seele mehr hätte,
'als ob Gott sie verstoßen hätte. Sie kam sich vor wie eingemauert in einem
fensterlosen Gefängnis".
Auf wen sollte ich meine Hoffnung setzten? (Herr) hilf mir wegen der
Unendlichkeit deiner Erbarmungen...
(Da) war, als wenn der Herr vorüberging und als ob der Saum seines
Gewandes ihre Seele berührte."
(Wilhelm Schamonie, Die Nachtwache) - Uns verbindet, Türen aufgestoßen
zu haben und vor immer neuen zu stehen.
- Welche Tür sollte geöffnet, welche geschlossen bleiben?
- Kann man Türen umgehen? Was fehlt, wenn man sie umging oder
bewusst verschloß?
Der Verkünder
Katrin Jähne
Über
der Verkündigung steht die Berufung, steht das Freisein ohne Vorsatz, hören
auf das, was man innerlich tun muß, das "Ureigene", das
"Auferlegte".
Die in ihrer Formsprache reduzierte Figur des Verkünders
drückt in seiner aufrechten Haltung, zugleich auch seine Verletzlichkeit aus.
Seine Qualität, seine Unerschütterlichkeit schöpft er aus der
Kraft der inneren Berufung. Er lebt, wozu er geschaffen ist. Er ist sich selbst
nahe.
"Dem Menschen ist... auf Erden nichts ... nützlicher, als daß
er sich lerne selber erkennen, was er sei, ... wohin er wolle. Was er werde, und wo er hinfahre,
wenn er stürbe. Einem jeden ist das am nützlichsten zu wissen."
Gerd Buschendorf
"Denn
keiner hat das Prinzip der coincidentia oppositorum, der Widersprüchlichkeit
der Welt und des Menschen, so bohrend durch- gedacht und so allseitig beleuchtet wie dieser tiefgründige
Schustermeister...
Es war ihm die plötzliche Einsicht aufgegangen, daß alles auf
dieser Welt sich nur an seinem Gegensatze zu offenbaren vermöge: das Licht an
der Finsternis, das Gute am Bösen, das Ja am Nein, Gott an der Welt"(Egon
Friedell zu J. Böhme, Kulturgeschichte der Neuzeit)
In diesem Sinne ergeben sich für mich aus
den bisher gelesenen Schriften Jakob Böhmes Denkanstöße, die ich durch meine
ausgestellten Arbeiten weiter zu vermitteln versuche.
Weniger Belehrungen oder Illustrationen zum Werk J. Böhmes sind das
Anliegen, als vielmehr die Anregungen und Fragen, die sich in der heutigen Zeit
aus der Beschäftigung mit seiner Philosophie ergeben. Wohin führt das Ringen
um die Lösung von Widersprüchen? Verbergen sich nicht hinter jeder neuen
Erkenntnis auch wieder neue Fragen? Tut
sich nicht hinter jeder
durchschrittenen Tür
eine neue auf?
Welche Rolle spielen die Erfahrungen jenseits rationaler Zusammenhänge
noch in unserer heutigen Zeit?
Welche Rolle spielt dabei die christliche Lehre, auf der sich J. Böhmes
Philosophie gründet?
Fragen, auf die sich das Tryptichon mit dem Ausspruch von
Tertullian, 2. Jhd. beziehen soll: "Gekreuzigt wurde der Gottessohn; das
ist keine Schande, weil es eine ist..."
,,(Es) erscheinen den Kindern gerade die ungereimtesten Dinge als
die glaubwürdigsten, die unmöglichsten als die gewissesten: sie bringen den Märchen
viel mehr Vertrauen entgegen, als einer nüchternen Erzählung, und halten überhaupt
alle Phänomene, die den Gang der natürlichen Kausalität durchbrechen, nicht
nur für die höheren, sondern auch für die realeren."
(Egon Friedeli, Kulturgeschichte der Neuzeit)
"In welchem die Liebe und Sanftmut ist, in dem ist auch das
Licht des Himmels, es seien gleich Christen, Juden, Türken oder Heiden."
Thema
5 "Der angefeindete Prophet"
Für J. Böhme war die Reformation Luthers nicht abgeschlossen,
sondern fortwährender Erneuerung bedürftig, besonders wenn er sie in Dogmatik
und Polemik erstarrt vorfand. Darüber hinaus ließ er Offenbarungen zu, die über
die Bibel hinausgingen. Er ging davon aus, daß Gott auch nach Festlegung des
Bibelkanons mit Menschen redet, sie in ihrer Zeit mit seinem Geist erfüllt.
Böhme war in diesem Sinne ein unorthodoxer Christ, der sich über
Lehrmeinungen hinwegsetzte, was den Görlitzer Oberpfarrer Richter gemäß
seiner Amtspflicht, über die reine Lehre zu wachen, zum Widerstand herausfordern mußte.
Richter konnte in Böhme und seinen subjektiven Glaubenserfahrungen nur einen
Feind der reinen Lehre erkennen, den es mit aller Macht zu hindern galt.
In einem unwürdigen Streit gelingt es Richter, den vermeintlichen
Ketzer aus der Stadt zu vertreiben. Böhme hat seinerseits die Brücken zur
Kirche nie abgebrochen.
Wie eine himmlische Gerechtigkeit mutet es an, daß bei dem großen
Stadtbrand 1691 in der Peterskirche das überlebensgroße Bild des eitlen Pastor
primarius Richter den Flammen zum Opfer fiel, während das Bild seines Vorgängers
des Martin Moller, der Böhme geistlich nahe stand, bis heute in der Kirche zu
sehen ist.
Die weiße Kanzel
J. Böhme muß sich der Schmähungen des Oberpfarrers
"Herr Primarius, weiset mir doch... Euer christlich Herz!
"... Deswegen ist Eure Lehre so kalt... Ihr habt noch nicht
den rechten Hammer zur Glocke: das Wort habt ihr wohl, aber die
Kraft ist nicht in Euch." (J. Böhme, Contra G. Richter)
"Sein Lästern ist meine Stärke und Wachsen; durch seine
Verfolgung ist mein Perlein gewachsen, er hat es herausgepresset und auch selber
publizieret, deswegen wünsche ich ihm Gottes Erbarmen." (J. Böhme, Contra
G. Richter)
Thema
6 "Die verändernde Wirkung des Geschauten - Der neue Mensch"
Jakob Böhme sucht in der Sinnkrise seines Lebens einen Ausweg, um
mit der Welt und mit sich selber in Einklang zu kommen. Er geht dabei einen
geistlichen Übungsweg, der vor allem darin besteht, den biblischen Verheißungen
des lebendigen Gottes uneingeschränkt zu vertrauen und bei ihm Antwort zu
fordern. Auf diesem Weg kommt er mit seinem tiefsten Inneren in Berührung.
Er stürmt gegen die Höllenpforten, wie er es nennt, und drängt
durch das, was ihm den Blick für die Welt des Lichts versperrt hat. Das Erlebte
in seiner verändernden Wirkung ist plötzlich und so unbeschreiblich tröstlich.
Böhme ist sprachlos. Er verschweigt das Erlebte 12 Jahre lang, bis es sich
nicht mehr verheimlichen läßt.
Wenn sein kann, daß Traurigkeit zu Trost, Todessehnsucht zur Fülle
des Lebens,
Böhme geht in seinem Werk davon aus, daß seinen Weg zu den Schätzen
der Seele jeder nachgehen kann, der es nur ernsthaft will, und genauso beschenkt
wird wie er. Sein Werk ist ein einziges Locken und Ziehen zu der Stelle, wo Gott zu
finden ist, in die eigene Mitte, wo persönliche Veränderung geschieht.
Seelenspiegel
G. Kienz, H. Kalke
Wenn der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen ist, als die Perle
der Schöpfung gilt, mit besonderer Würde ausgestattet ist, dann liegt der Sinn
des menschlichen Daseins in der Beziehung zu diesem Gegenüber.
Es gilt, den Spiegel in uns so aufzurichten, daß der Glanz der
Ewigkeit reflektiert wird und damit unser Wesen sichtbar werden kann.
Alle Geborgenheit in der Welt bedarf dieses Glanzes der Ewigkeit zu
mir. In diesem Gegenüber kann der Mensch die Dunkelheit, die Anfechtung, den
Streit aushalten.
Menschen, deren Seelenspiegel von Bitterkeit rauh, von Dunkelheit
blind geworden ist, denen die Sonne nicht mehr ins Herz dringt, möchte J. Böhme
sagen:
"Wir sind mit unserer Seele in einer fremden Herberge, im Geist
dieser Welt, der sie in sich gefangen hält, und könnten nicht zu Gott kommen,
wenn Gott nicht Mensch geworden wäre."
Die
philosophische Kugel
Siegfried Kaden
"Du hast
in deiner Seele zwey Augen, die sind rücklings aneinandergesetzt; eines sieht
in die Ewigkeit und das andere hinter sich in die Natur ..."
(J. Böhme, 40 Fragen von der Seele)
Auf ihr ist mit einfachen Konstruktionslinien das Gedankengebäude
Böhmes dargestellt, das sich in seinem Werk erschließt.
Der Vollkreis symbolisiert das alles Umfassende, Verbindende - Gott.
Im Inneren des Vollkreises sind Halbkreise schalenförmig ähnlich einer Zwiebel
angeordnet, die mit dem Rücken gegeneinander stehen. Zwei dieser Schalen berühren
sich in der Herz- und Kreuzmitte. Links das Auge der Welt, rechts das des
Lichts, des Sonnenaufgangs.
Böhme sucht in seinem Werk den Menschen, mit seinem Herzen
dargestellt, zur eigenen Mitte zu führen, weg von den dichten
Dunkelheitsschalen des Sonnenunterganges, wo Hoffnung nicht sichtbar werden
kann. In der Mitte treffen das Zeitliche und das Ewige zusammen, wobei das Herz
in beide Bereiche hineinreicht.
"Wem Zeit ist wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit, der ist
befreit von allem Streit." (J. Böhme)
In dieser Mitte, dem Kreuz Christi, ist fester Stand gegeben. Es
bedarf nur der Annahme der Erlösungsbotschaft als freie Willensentscheidung. Im
Zentrum ist das Bedrohliche auszuhalten, wird das Licht, d. h. der Segen über
der Welt erkennbar.
Das
Labyrinth der Lebensperle
"Die meisten
Menschen sind wie ein fallendes
Blatt, das weht und dreht sich durch die Luft, und schwankt und taumelt zu
Boden, Andere aber, wenige sind wie Sterne, sie
gehen eine feste Bahn, kein Wind erreicht sie, in sich selber haben sie
ihr Gesetz und ihre Bahn."
Siegfried Kaden
Wie diese Perle
im kupfernen Kanal, Einmal auf die Bahn geschickt, eilt sie auf ihrem Weg zum
Grund der Reise, Sie wird gezogen, lässt sich fallen, läßt sich korrigieren,
nicht lautlos, sondern geräuschvoll und klingend, wie eine
vertrauliche
Frage nach dem WARUM, ohne Grimm, auf den Sinn und das Ziel vertrauend, Ihr Ziel
zieht sie an, die Bahn ist nicht ihre Bleibe, Lasse die Perle deiner Seele nicht
zu einem Ende gelangen, das ihrer Bestimmung widerstrebt,
"Da wir mit
unserer Seele (die ewig und unzerbrechlich ist) in dieser Welt wie in einer
fremden Herberge sind, aber gewiß wissen, daß wir wandern müssen.", so
tun wir recht,
daß wir das
Himmelreich suchen "" denn da erlangen wir
die schöne Perlenkrone,.. "
(J, Böhme, Vom
dreifachen Leben)
Thema
7 "Jakob Böhmes Ende - Ein seliger Anfang"
"Dann ruhte Jakob Böhme mit geschlossenen Augen, bis ihm in der
Stille eine leise Musik erklang. Sie kam aus der Ferne unirdisch schön. Aller
Zwiespalt der Welt war in ihren Harmonien geheilt. Leise fragte er, ob er
,Tobias, die Musik höre. Der Sohn schüttelte den Kopf. Da verstand Böhme, daß
er schon allein dort stand, wohin sie ihm nicht mehr folgen konnten, die ihn
liebten."
(Edith Mikeleitis zu Böhmes Ende)
"Darum ist ein fester Schluß zwischen... (dem) obern Himmel und
dieser Welt. Denn die Feste zwischen ihnen ist der Tod, der herrscht an allen
Enden... in dieser Welt, und damit ist diese Welt verriegelt, daß (der) ...
obere Himmel nicht ... in diese Welt kann, es ist eine große Kluft zwischen
ihnen."
"Hie, Mensch besinne dich: Was für einen Samen du wirst in die
Erde säen, ein solcher wird auch aufgehen und ewig blühen und Frucht tragen,
entweder in Liebe oder in Zorn. Wenn aber das Gute wird von dem Bösen
geschieden werden, als dann wirst du deinen hie erworbenen Teil
Kupferstich von 1730 :
Die Wiedergeburt
Keuschheit
–Christi Leib – Weisheit
Sanftmut
- Demut
Barmherzigkeit
–Wohltun
Geiz
– Neid
Unzucht-
Fleisch- List
Die
vergangene Zeit
Etwas wunderlich Fremdes ist in eine weite Landschaft gesetzt, wie
in einem Traumbild, wo außen Gesehenes von der inneren Wirklichkeit umgestaltet
wird.
Aus einer trichterförmigen Öffnung des Himmels rinnt der Sand der
Zeituhr in die Ebene. Er hinterläßt in der Landschaft einen vollkommen
gestalteten Kegel, der in seiner Harmonie auf den himmlischen Ursprung
hinzuweisen vermag. Es sieht so aus, als wenn alles Stückwerk menschlichen Bemühens
durch eine ordnende Hand vollkommene Form erhalten hätte.
Siegbert Hahn
Die Sanduhr als Gefäß verbindet Himmel und Erde Zeit und Ewigkeit
auch Tod und Leben, sobald das letzte Korn fällt. Der Vorrat ist begrenzt, was
dann? Die Bedrohung durch das absehbare Ende ist erkennbar. Es sieht
andererseits so aus, als ob sich der Mensch nicht in seiner Vergänglichkeit
verliert. Das gefüllte, wie das leere Gefäß behält seinen Stand im Himmel.
Als wenn die am Sandkegel ordnende Kraft die Lebensuhr mit Ewigkeit füllen möchte,
für den, der es annehmen kann.
"Gott, ich bitte von dir nicht Gesundheit, nicht Krankheit,
nicht Leben, nicht Tod, sondern daß du über mein Leben verfügst zu deiner
Ehre."
(Paracelsus)
Zwei
Tore
Siegbert Hahn
"Wir
sind doch
allhier in diesem Leben nur Fremde und Gäste und dazu Pilgersleute, die alle
Zwei Tore markieren das Eintreten und Verlassen.
Es ist nicht erkennbar, was vor dem Eingang und hinter dem Ausgang liegt, - ein
verborgener Bereich -. Für J. Böhme hat sich dieser Bereich geöffnet, wo er
mit Liebe umfangen wurde.
"Der Jünger sprach: Wie mag ich denn den nächsten Weg zu ihr
(der Liebe) finden?
Der Meister sprach: Wo der Weg am härtesten ist, da gehe hin, und was die Welt wegwirft,
des nimm dich an, und was sie tut, das tue du nicht: ... so kommst du
den nächsten Weg zu ihr .'1
(J. Böhme, Vom übersinnlichen
Leben)
Türsymbolik
Als alltäglicher
Gegenstand begegnet uns die Tür in einer Vielfalt, die nur dann bewußt
wahrgenommen wird, wenn man eine ganz bestimmte Räumlichkeit sucht.
In der Nikolaikirche begegnen Ihnen Türen, die ihrer eigentlichen
Funktion entbunden sind.
Die Tür, nicht als technisches Bauelement verstanden, sondern als
Symbol, vermag in einfacher Weise die Botschaft des berühmtesten Bürgers
unserer Stadt zu vermitteln.
Jakob Böhmes gesamtes Werk bewegt sich immer wiederkehrend um die
Gefährdung der menschlichen Existenz durch das Vorhandensein von
Gut und Böse
Licht und Finsternis
Leben und Tod
Ewigkeit und Zeit.
Jakob Böhme bringt an einer bestimmten Stelle grundsätzlich
Unvereinbares zusammen.
Aber wie soll der logische Verstand damit zurechtkommen? An dieser
Stelle der Erklärungsnot kann uns das Symbol "Tür" helfen. Sie ist
das Verbindende von zwei Gegensätzen: des Eingangs und des Ausgangs.
Je nach dem von welcher Seite man die Tür betritt, ist .sie
Durchgang zur begrenzenden, schützenden Geborgenheit des "Inneren" oder
Durchgang zur offenen Weite des „Äußeren". Sie verbindet Kommen und
Gehen. Sie ist die Stelle, wo Gegensätze, die sich eigentlich ausschließen,
zusammengehören, eine Einheit bilden, wo die widerstreitende Polarität
aufgehoben ist.
Lassen sie sich mitnehmen auf einen Weg, den unser Mitbürger Jakob
Böhme gegangen ist und der sich vor 375 Jahren in unserer Stadt vollendet hat.
Vielleicht hat der Görlitzer Schuster, dem die Tür zum Himmel geöffnet
wurde, uns Heutigen noch etwas zu sagen.