Der Gesang des Erhabenen
(Bhagavad Gita)
Aus dem Internet:
„Einer der schönsten Texte der religiösen Weltliteratur ist die Bhagavad Gita. Sie wurzelt im Hinduismus. Gita bedeutet Gesang, Lied, Gedicht. Bhagavan ist der erhabene Herr. Der Gesang des Erhabenen ist nichts anderes als eine Unterweisung des Menschen durch Gott. Die Verse der Bhagavad Gita sollen von dem mythischen Weisen Vyasa unter Inspiration aufgeschrieben worden sein. Insofern werden sie nicht als Menschenwort, sondern als Text göttlicher Offenbarung angesehen. Wenn auch die Entstehung des Textes auf die Zeit zwischen 500 v.Chr. und 300 n. Chr. datiert wird, so hat er nach indischer Überlieferung ein mythisches Alter von Jahrzehntausenden.
Die Bhagavad Gita prägte die gesamte indische Religionsgeschichte und hat auch tiefe Spuren in anderen Kulturen hinterlassen. Auch im Westen wird die Bhagavad Gita als bedeutendes philosophisches Werk anerkannt. In Indien werden die Verse der Gita bis heute auswendig gelernt, in Vorträgen kommentiert und in Comic-Heften unter das Volk gebracht. Die Bhagavad Gita besteht aus 700 Versen in 18 Kapiteln. Sie ist Teil eines etwa 100 000 Strophen umfassenden Epos Mahabharata
Für den heutigen Menschen kann die zeitlose Essenz dieser tiefgründigen Belehrung zur Quelle tiefster Inspiration werden. Der Wechselgesang zwischen Krishna und Arjuna kann als inneres Zwiegespräch zwischen der menschlichen Seele und der inneren Göttlichkeit gedeutet werden. Diese Unterweisung zeigt den Weg zur Überwindung des Ego auf und zur Verwirklichung des wahren Selbst. Zwar hat diese Belehrung durch die göttliche Essenz einen geschichtlichen Zusammenhang, weist aber spürbar über die Ebene der menschlichen "Geschichte" und Geschichten hinaus auf die zeitlose Wahrheit, die durch alle Jahrhunderte hindurch makellos erhalten blieb und uns heute in einer so schönen Form nach wie vor zur Verfügung steht.“
Anmerkung:
Wir
müssen uns in die Zeit nach Adam und Eva versetzen. Aus der Haushaltung Gottes
von Jakob Lorber wissen wir, dass sich Kinder von ihnen auch in den Orient
begeben hatten. Den Erkenntnisstand von Adam und Eva hatten mithin auch die
Inder, Chinesen, Japaner und andere Völker. Adam, Eva und seine Kinder lebten
aus dem inneren Wort und standen im geistigen Kontakt mit dem himmlischen Vater.
Gezeigt hatte sich der himmlische Vater stets unter einen anderen Namen, wie
Abedam, Asmahael. Zu den Indern sprach Er durch Krishna.
Seine
Kinder besaßen den Weisheitsgeist als Gottesfunken. Aufgrund des Falles von Adam
musste Er Liebe- und Weisheitsgeist trennen (Der sehr Schwache – siehe Hinweise
unter „Plotin und seine Lehre vom Einen“ ).
Auch der Gesang des Erhabenen spricht von der Regentschaft der Seele durch den Geburtsgeist und nicht von der geistigen Wiedergeburt durch Verschmelzung von Liebe- und Weisheitsgeist.
Im
Folgenden wurde der Gebrauch des Wortes Yoga vermieden und der Text geändert, um
auf die christliche Meditation überzuleiten. (Text für Yoga-Praktizierende
siehe:
In der
Haushaltung Gottes von Jakob Lorber lesen wir, wie der himmlische Vater in
Asmahael (auch in dunkler Hautfarbe) mit den Kindern verkehrt:
Von K.O. Schmidt zu Krischna- Ardjuna
Chanchah, eine Chinesin, die Lama liebt und zu Jesus geführt wird
Aus K,O, Schmidt "Das Hohe Lied der Tat":
VOM RECHTEN WISSEN
(Die Kriege Jehovas finden in unserer Seele statt!)
Sandschaja berichtet:
1.
So sag, vom Mitleid übermannt,
Den Blick voll Tränen, Ardjuna.
Doch tröstend wandte Krischna sich
Zum Trauernden und sprach zu ihm:
Krischna, der Erhabene, spricht:
2.
Woher kommt dieser Kleinmut Dir
Im Angesichte der Gefahr,
Schmachvoll, unwürdig Deiner Art;
Warum so feig, 0 Ardjuna?
3.
Nicht ziemt dies Deinem Heldensinn;
Verbanne die Zaghaftigkeit,
Was Dir den Willen lähmt, wirf ab!
Besinn Dich auf Dich selbst, 0 Held!
Ardjuna spricht:
4.
Wie konnte ich den Bhischma wohl
Und Drona auch, den Würdigen,
Die beide gleich ich stets verehrt,
Mit Pfeilen in der Schlacht bedrohn!
5.
Ein bessres Los dünkt Armsein mir,
Als meiner Lehrer Mörder sein,
Denn meiner Blutsverwandten Tod
Macht meine Speise blutbefleckt.
6.
Ich weiß nicht, was uns besser frommt:
Sieg oder Untergang im Kampf;
Was solI das Leben uns, wenn wir
Getötet die, die uns verwandt.
7.
Ist's Furcht vor Schuld? Quält Mitleid mich?
Ich weiß es nicht! 0, künde mir,
Erhabener, mein Lehrer Du,
Was Unrecht und was Recht hier ist!
8.
Was war mir aller Reichtum noch
Und was die Herrschaft dieser Welt,
Wenn nichts aus meiner innern Not
Und meinen Zweifeln mich erlöst!
Sandschaja berichtet:
9.
So sprach Held Ardjuna und hob,
Zu Krischna hingewandt, den BIick.
,,Im Kampfe nicht!" fügt er hinzu
Und schwieg, leidübermannt, dann still.
10. Doch Krischna lächelte nur mild
Und sprach, inmitten beider Heer',
Zu Ardjuna, dem Zagenden,
Jetzt diese Worte voller Trost:
Krischna spricht:
11.
Du sprichst nicht schlecht, doch trauerst Du
Um die, die nicht betrauernswert.
Ob tot, ob lebend einer ist-
Niemals beklagt der Weise ihn.
12.
Nie war die Zeit, da ich nicht war
Und Du und dieser Fürsten Schar,
Noch werden jemals wir nicht sein.
Ewig sind wir - der Gottheit gleich.
13.
Wie Kindheit, Jugend, Alter nicht
Dir schmälerten Dein innres Sein,
Berührt der Seele Wanderung
Von Leib zu Leib Dein Wesen nicht.
14.
Des Stoffes Trug nur täuscht Dir vor
Raum, Zeit, Glut, Frost, Freude und Leid.
Sie kommen, gehen, ohn' Bestand.
Wer das erkannt, erträgt sie gern.
15.
Wer sie erträgt, den Trug durchschaut,
Gelassen bleibt in Glück und Not,
Vom Schein der Dinge sich erhebt
Zum Sein, erlangt Unsterblichkeit.
16.
Es gibt kein Werden aus dem Nichts,
Noch wird zu Nichts je das, was ist.
Die Grenze zwischen beidem schaust
Du, wenn zur Wahrheit Du erwachst;
17.
Dann weißt Du: unvergänglich ist
Der Geist, der einst das All gebar.
Das Ewige, des Daseins Grund,
Vernichtet niemand, wer's auch sei.
18.
Vergänglich sind die Formen nur;
In ihnen wirkt der ewge Geist.
Vergeht der Leib, des Geistes Haus,
Laß ihn! Kämpf Du nur unverzagt!
19.
Wer denkt: "Ich töte!" oder glaubt,
Daß man ihn töten könne, irrt.
Der Geist in Dir vernichtet nichts,
Noch ist er selbst vernichtbar je.
20.
Anfang und Ende, Tod, Geburt
Sind nichts als Träume. Ewig ist
Der Geist in Dir; des Leibes Tod
Berührt das Sein des Geistes nicht.
21.
Wenn unvergänglich ist der Geist,
Wenn auch im Tode er besteht,
Was, Ardjuna, ist dann die Furcht,
Zu töten, andres als ein Wahn.
22.
Wie abgetragne Kleider man
Durch andre, neue stets ersetzt,
So tauscht der Geist die Leibes-Hüll,
Wenn sie vergeht, mit andern, neu'n
23.
Den Geist verletzen Waffen nicht,
Den Geist verbrennt das Feuer nicht,
Den Geist ertränkt das Wasser nicht,
Und nie verweht der Geist im Wind.
24.
Unteilbar stets, vernichbar nicht,
Beständig er im Wechsel bleibt;
AIIgegenwärtig ist der Geist,
Fest, ewig, unerschütterlich.
25.
Unwandelbar, unvorstellbar,
Unsichtbar wird der Geist genannt.
Wer das erkannt, der trauert nicht
Um das, was kein Tod je berührt.
26.
Und war es so, wie Du gewähnt,
Daß gleich dem Leib das Ich verweht -
Auch dann ziemt Trauer nicht, 0 Held,
Um das, was zu entschwinden scheint;
27.
Denn untergehn muß, was entstand,
Und wiederkehren, was verschwand;
Drum traure nicht um das, was Du
Als unumgänglich hast erkannt!
28.
Der Wesen Anfang kennst Du nicht
Und nicht ihr End, 0 Ardjuna;
Von ihrem Sein ein winzig Stück.
Nur siehst Du - darum traure nicht!
29.
Der Ein' nur ein Geheimnis sieht,
Der Andre ihn ein Wunder heißt,
Der Dritte hört des Geistes Stimm',
Doch keiner hat ihn ganz erkannt.
30.
Der Geist in eines jeden Leib
Ist unverwundbar ewiglich;
Drum ziemt es, Ardjuna, Dir nicht,
Zu trauern um der Wesen Schar.
31.
Gedenk auch Deiner Standespflicht
Ais Krieger, Prinz, und zaudre nicht;
Ist kämpfen im gerechten Krieg
Doch jedes Streiters erste Pflicht.
32.
Als hätt sich ihm von ungefähr
Des Himmels Pforte aufgetan,
So grüßt der edle Kriegerstamm
Den Kampf, der unvermeidlich ist.
33.
Doch fliehst Du diesen heilgen Kampf,
Weichst Du dem Treffen feige aus,
So wird Dein Ruf der Tapferkeit
Und Lauterkeit zugrunde gehn;
34.
Es werden Deine Schande dann
Die Menschen künden immerfort.
Doch Du weißt selbst: dem Edelen
Ist Schande schlimmer als der Tod.
35.
Aus Furcht mied Ardjuna die Schlacht!
So denken dann die Heiden all';
Wer Dir bisher Bewundrung zollt,
Sieht Dich dann mit Verachtung an.
36.
Mit vielen bösen Worten wird
Dich Deiner Feinde Schar dann schmähn,
Bespotteln wird man Deinen Mut -
Was könnt für Dich wohl bittrer sein!
37.
Doch siegst Du, ist die Erde Dein.
Und fällst Du, winkt der Himmel Dir.
Erhebe Dich drum, Ardjuna,
Und stelle Dich dem Feind zum Kampf!
38.
Gleich achtend Tod, Sieg, Lust und Leid,
Verlust, Gewinn, Glück, Ungemach,
Bereite Dich zum Kampfe jetzt,
Dann kann kein Übel je Dir nahn!
39.
Dies ist der Weisen Lehr'. Doch nun
Hör, was ich Dir Tiefres lehre,
Damit Du, Meister Deiner selbst,
Selbst lösest Deines Schicksals Band!
40.
Nichts geht verlor'n, was Du gewirkt,
Und nie bleibt Hoffnung unerfüllt.
Die Ahnung dieser Wahrheit schon,
Dies lehre ich, bringt Freiheit Dir.
41.
Entschlossenheit und Gleichmut gibt
Dir diese Lehre ganz allein;
Doch wankelmütig, haltlos ist
Der Unerwachten Sinnesart:
42.
Voll Salbung ist der Toren Red,
Der Veden Weisheit preisen sie,
Doch ihren Geist berührt sie kaum.
Ihnen genügt der Worte Schall.
43.
Selbstsucht und Gier erfüllt ihr Herz,
Für ihre Werk' erwarten sie
Des Himmels Glück und künftgen Lohn:
Bessre Geburt, Reichtum und Macht . . .
44.
Doch was sie wünschen - Selbsttrug ist's.
Solang sie das Verlangen peitscht,
Gelangen nie zum Frieden sie,
Zur Weisheit der Gelassenheit.
45.
Drei Eigenschaften der Natur
Nennen die Veden; meide sie:
Sei ohne Gier, von Sorgsucht frei,
Erregungslos - Herr Deiner selbst!
46.
Gleichwie ein Brunnen viel' erquickt,
Dem nie der Zustrom je versiegt,
So stillt der Veden Quell den Durst
Des Suchers, der nach innen blickt.
47.
Die Tat allein bekümmre Dich,
Nicht ihr Erfolg, nicht ihre Frucht!
Wirk um des Wirkens willen stets
Und halt Dich frei von Müßiggang!
48.
Hingebend tu Dein Werk und bleib
Von Vorteilssucht und Haften frei;
Wird Glück, wird Unglück Dir zuteil,
Geb Yoga (Meditation)Dir Gelassenheit!
49.
Denn größer als das größte Werk
Bleibt stets das Einssein mit Dir selbst.
Kraft, Freiheit kommt von innen nur.
Weh, wer Erfolg nur außen sucht.
50.
Wohl aber dem, den jedes Tun,
Ob gut, ob schlimm, gelassen läßt!
Der handelt recht, durch den der Geist
Wirkt; heilvoll, glücktreich ist sein Tun!
51.
Wer nur dem Gotte in ihm folgt,
Nicht schielt nach seiner Werke Frucht,
Erlangt das Heil, 0 Ardjuna,
Vom Weh der Wiederkehr befreit.
52.
Wenn so Dein Geist zur Wahrheit fand,
Wahn, Trug und Irrtum überwand -
Nicht kümmert Dich der Veden Wort
Und nicht der Priester Meinung mehr.
53.
Wo je ein Geist, vom Wähnen frei,
Der Selbst-Besinnung sich befleißt,
Gesammelt in sich seIber ruht -
Der hat des Einen Ziel erreicht.
Ardjuna spricht:
54.
Woran erkennt man, Krischna, den,
Der selbst-gesammelt und erwacht?
Wie redet der Gelassene?
Wie ruht er? Wie verhält er sich?
Krischna spricht:
55.
Wer jede niedere Begier,
Die seine Sinne lockt, entläßt,
In seIger Einheit mit sich selbst -
Den nenne einen Weisen ich.
56.
Wer unerschrocknen Sinns im Leid,
Im Glück ohn' jed Verlangen ist,
Frei auch von Furcht und Leidenschaft -
Den nenn ich einen Heiligen.
57.
Wer jedes Wünschens, Haftens bar,
Ob Unglück oder Glück ihm naht,
Stets unerregt bleibt, seins-bewußt -
Der ist ein Gott-Gelassener.
58.
Der Schildkröt gleich, die in sich kriecht,
Wenn ihr Gefahr naht, also zieht
Der Weise seine Sinne ab
Von dem, was ihn mit sich entzweit.
59.
Vor dem, der heimkehrt zu sich selbst,
Entwird der Trug der Sinnenwelt,
Selbst der Geschmack am äußren Tand
Vergeht dem, der aufs Ew'ge schaut.
60.
Wahl kann's geschehn, daß hier und da
Ihn Leidenschaft, Zorn übermannt.
Solang auf Erden einer strebt,
Bestürmt der Sinne Schar sein Herz;
61.
Zu meistern sie, kehr' er aufs neu'
Zu mir heim, hingegeben, still,
Dann wird er seiner Sinne Herr,
Herr seiner selbst - durch meine Kraft!
62.
Wer an sinnliche Dinge denkt,
Neigt mehr und mehr zur Sinnenwelt.
Aus Neigung wird gar bald Begier,
Und aus Begier wächst Haftenssucht.
63.
Wer haftet, wird erkenntnis-blind,
Wer blind, vergißt der Wahrheit Lehr,
Die Einsicht schwindet, bis zuletzt
Der Mensch, ohn' Innen-Kraft, verdirbt.
64.
Wer aber lebt in dieser Welt
Mit Sinnen, die ihm untertan,
Gierlos, haßlos, Herr seiner selbst,
Enttrübt den Spiegel seiner Seel'.
65.
Die Lauterkeit der Seel' enthebt
Ihn mehr und mehr des Leides Fron.
Einsicht erlangt, wer einwärts schaut,
Bald kehrt Erkenntnis ihm zurück.
66.
Wer diese Einkehr bei sich selbst
Nicht übt, dem bleibt Erkenntnis fern.
Der Sammlung und des Friedens bar -
Wie kann ein solcher glücklich sein?
67.
Wenn sich der Geist, statt nach sich selbst,
Nur richtet nach der Sinne Laun',
Reißt Nichterkenntnis seinen Will'n
Fort wie der Sturm das Schiff im Meer.
68.
Doch wer die Sinne all' beherrscht,
Vom äußren Scheine unbewegt
Gelassen in sich seIber ruht -
Weise ist der, 0 Ardjuna!
69.
Was für die Nicht-Erkennenden
Nacht ist, ist für den Weisen Tag;
Was ihnen helles Taglicht scheint,
Ist ihm der Nichterkenntnis Nacht.
70.
Gleichwie das Meer, in das die Ström'
Ihr Wasser gießen, niemals schwillt,
So läßt den Weisen unbewegt
Der Dinge und der Wünsche Strom.
71.
Wer jeglicher Begier entsagt,
Vom Haften, Wünschen, Neiden frei,
Von Eigennutz und Selbstsucht auch,
Ist Herr der Welt wie seiner selbst.
72.
Wer also lebt, der lebt in Gott,
Im Leben schon der Welt entrückt.
Stirbt er, kehrt seines Lebens Strom
Ins Meer der Welten-Gottheit heim.
Hiermit beginnt Gertraud Radke:
Der Gesang des Erhabenen
So sprach die Gottheit als sie einst,
Sich selbst verströmend, schuf die Welt:
VON DER GOTT-VEREINIGUNG
DURCH RECHTES TUN
1.
Zwei Wege, wahrlich, zeigt' ich Dir.
Der eine ist des Wissens Pfad,
Der andere Dich Höh'res lehrt:
Selbst-Heiligung durch rechtes Tun.
2.
Nicht durch Vermeidung jeder Tat
Wirst van des Wirkens Frucht Du frei,
Noch findest durch Entsagung je
Vollendung, Selbst-Befreiung Du;
3.
Nicht einen Augenblick bist Du
Des Handelns ledig,
Da Deine innere Natur
Dich stetig treibt von Tat zu Tat.
4.
Wer´s ich zum Stille sitzen zwingt
Und sich welt-überlegen dünkt,
Dabei an Sinnendinge denkt,
Der ist ein Tor und Heuchler nur:
5. !
Doch wer, reiner Gesinnung, sich
Dem Handeln hingibt, frohen Muts,
Von Selbstsucht, von Besitzgier frei,
Der ist der höchsten Achtung wert.
6.
Erfülle darum Deine Pflicht!
Besser als Nichtstun ist das Werk.
Das Tun allein ist's auch,
Das Leib und Geist gesund erhält.
Z
Nie fesselt Dich ans Leid das Werk,
Das Du dem Ewigen geweiht;
Drum wirke, wie die Pflicht es Dir gebietet,
Denn bist Du frei von Gier,
So bist Du frei von Schuld.
8.
So sprach die Gottheit; als sie einst,
Sich selbst verströmend, schuf die Welt:
"Das Opfer ist der Fülle Quell,
Durch Gaben nur empfanget ihr! "
9.
Gebt ihr dem Göttlichen euch hin,
Wird Gottes Reichtum euch zuteil,
Wenn eins dem anderen sich schenkt,
Erlanget ihr das höchste Heil.
10.
Seht ihr in Gott des Glückes Quell,
Dann fällt euch zu, was ihr ersehnt;
Doch wer des Ewigen Geschenk'
Ohne zu danken an sich reißt, der ist ein Dieb.
11.
Wer stets bei dem, was er genießt,
Zuerst des Ewigen gedenkt,
Der handelt recht; doch dem verdorrt
Die Nahrung, wer für sich nur sorgt!
12.
Durch Nahrung lebt der Wesen Schar,
Der Wolken Opfer Regen bringt,
Des Regens Opfer Speise schafft.
Lass auch Dein Tun stets Opfer sein!
13.
Das Opfer ist des Alls Gesetz.
Kein' Schöpfung ohne Opfer ward.
Wo immer wir je opferten,
Da opfert' Gott durch uns, für uns!
14.
Wer diesen Kreislauf unterbricht,
Den einst die Gottheit selbst begann,
Und gier-versklavt, an sich nur denkt,
Der lebt vergeblich.
15.
Doch wer der inn'ren Stimme folgt,
Sich nach sich seIber richtet stets,
Wem Selbst-Verschenken Seligkeit,
Des Handeln wirkt leidloses Glück.
16.
Gelassen lässt ihn, was geschieht,
Was unterbleibt, was and're schreckt;
Nicht sucht bei anderen er Halt,
Der in sich selbst Verankerte.
1Z
Vollbringe darum Deine Pflicht
Gelassen, ohne Gier, und ohne Hoffen!
Wer handelt ohne Leidenschaft,
Erreicht das höchste Ziel!
18.
Bedenke: Was ein Tapf'rer tut,
Das ahmen auch die andern nach;
Das Beispiel, das der Edle gibt,
Ist Vorbild für die Nachwelt bald.
19.
Selbst ich, der alles schon vollbracht,
Den ärmer nichts, nichts reicher macht.
Selbst ich, dem Tun wie Nicht-Tun ist,
Selbst ich wirk' ohne Unterlass.
20.
Würd' ich nur einen Augenblick
Das Wirken lassen,
Darin die Wesen allzumal,
Vollendung suchend, folgen mir!
21.
Fürwahr; zugrunde ging' die Welt,
Die mein beständig Tun erhält;
Urnebel würd' das Welten-All
Und alles Leben stürb' im Nu!
22.
Das Herz des Toren hängt am Tun
Und an der Frucht des, was er wirkt.
Der Weise handelt ohne Hang,
Dem Wohl des Ganzen dient sein Wert.
23.
Doch nicht verwirrt der Toren Herz
Der Weise, der den Wahn durchschaut,.
Er lehrt sie Hingebung ans Werk.
Doch giert er nicht nach Lohn der Tat.
24.
Er weiß, jedwede Tat, die hier
Geschieht, folgt dem Kausal-Gesetz.
Nur blinder Ich- Wahn blüht sich auf
"Ich bin der Täter dieser Tat!"
25.
Doch wer den Unterschied erkannt'
Von Sein und Schein, von Kraft und Wert,
Wer um die Kraft weiß hinter allem Sein,
Um Gott allein, der hängt nicht mehr am Schein.
26.
Die noch das Spiel der Kräfte täuscht,
Die ihren Werken hängen an -
von ihnen wird der Weise nicht gebannt,
Der das Gesetz des AIls erkannt!
21
Wer diesem, meinem Rufe folgt,
Wer mir vertraut, von mir erfüllt
Und gläubig meinen Willen wirkt,
Erlangt Erlösung durch sein Tun.
28.
Wer aber meinen Ruf nicht hört,
Wer meine Stimm' in sich erstickt,
Wem Wissens-Wahn die Sicht verdirbt,
Der ist einsam, verlor'n und stirbt.
29.
Der Weise selbst tut, unbewusst,
Was seiner Wesenheit gemäß.
Alle Wesen folgen der Natur-
Kein Zwang durchbricht dies Seins-Gesetz.
30.
An jedem Ding' der Sinnenwelt
Hängt Neigung fest und Widerwillen.
Beide sind des Weisen Feind.
Nicht werde je ihr Sklave Du!
31.
Erfüll' nur willig Deine Pflicht,
Mag auch Verderben Dich bedroh'n!
Nicht kümmere Dich, was andre tun,'
Dir selbst bleib treu und Deiner Pflicht!
32.
Die Gier treibt ihn, die Leidenschaft
Die aus dem Halten stets entspringt,.
Leid erzeugend, unheilvoll und blind. -
Erkennst Du nun den Feind?
33.
Wie Rauch des Feuers Glut verhüllt,
Wie Staub des Spiegels Leuchten trübt,
Wie Mutterleib das Kind umfängt,
Umhüllt ihr Nebelreich die Welt.
34.
Ihm Sinne und Verstand verwirrt ;
Und das Gemüt, das ihr verfällt,
Bis er; der Sucher, nicht mehr sieht,
Dass er des Haftens Sklave ward...
35.
Drum zähme Du von Anfang an
Der Sinne Schar,
Bewach Dein Herz, vom Haften werde frei,
Das Einsicht und Erkenntnis trübt!
36.
Gewaltig ist der Sinne Macht,
Stärker noch als sie das Herz,
Mächtiger als dieses die Vernunft,
Doch unbezwingbar ist allein das ew'ge Selbst.
37:
Hast seine Macht Du voll erkannt,
Dann stärke Dich am ewigen Selbst.
Und töte Deinen Feind, den vielgestaltigen,
Die Gier, die Haftens-Sucht.
VON DER GOTT-VEREINIGUNG
DURCH RECHTE ERKENNTNIS
1.
So erbten einst von Mund zu Mund
Die Königsweisen Meine Lehre
Bis sie im Laufe der Zeit verlorenging.
2.
Gar viele Daseinsformen hab'
Ich schon durchlebt; Du auch
Die meinen kenn' ich alle noch,
Du aber kennst die Deinen nicht.
3.
Aus meiner Allheit Ewigkeit
Trat ich, des Wandels Herr, hervor;
Verkörpert' mich in Raum und Zeit
Und schritt in Mensch-Gestalt einher.
4.
Denn immer, wenn die Frommigkeit
Zu wanken und zu schwinden droht,
Rechtlosigkeit ihr Haupt erhebt,
Werd' ich aufs Neue stets gebor'n.
5.
Zum Schutz der Guten zeug' ich mich
Und zu der Bösen Untergang.
Damit der Heilsweg werd' erkannt
Erscheine ich von Zeit zu Zeit.
6.
Wer mein Erscheinen deutet recht
Und mich, mein göttlich Sein, erkennt,
Vom Leid der Wiederkehr erlöst,
Kehrt er; im Tode, zu mir heim.
7.
Von Haft und Gier und Leidenschaft befreit,
Mir zugewandt, mit mir vereint,
Ging mancher schon der Wahrheit Weg
Und fand in meine Allheit heim.
8.
Wer mich verehrt, den hebe ich
Zu mir empor und helfe ihm.
Wer immer nach Vollendung strebt,
Der kommt auf seiner Bahn zu mir.
9.
Wer aber nur Erfolg begehrt,
Auch der erlangt ihn, folgt er mir allein.
Rasch wächst Erfolg dem zu und Glück,
Der sich im rechten Handeln übt.
10.
Auch die Berufe schuf ich einst,
Geteilt nach Kraft und Eigenschaft
Der Menschen, deren Urbild ich,
Der unbewegt Bewegende.
11.
Mich selbst beeinftusst kein Gescheh'n,
Mich lockt auch keiner Werke Frucht.
Wer sich mir eint, ist frei wie ich
Von Taten-Sucht und Taten-Frucht.
12.
So handelten die Weisen einst
und strebten der Erlösung zu
So auch vollende Du die Tat,
Die Dich befreit!
13.
Was Tun und gar was Nicht-Tun heißt,
Das wussten oft selbst Weise nicht.
Drum künd' ich Dir das rechte Tun;
Von Leid wie Zweifel macht's Dich frei:
14.
So höre denn und fass' es wohl,
Was unterscheidet diese drei:
Das Tun, Nicht-Tun und falsches Tun?
and schau' das Wesen rechten Tuns!
15.
Wer Nicht-Tun in dem Tun erkennt
and im Nicht- Tun das Tun gewahrt -
Einsichtsvoll, weise nenn' ich den,
Erwacht, zu jedem Werk geschickt.
16.
Wess' Taten frei vom Haften sind
and wer in der Erkenntnis Glut
Sein Tun und Wollen läuterte -
Auch den nenn' einen Weisen ich.
17:
Wer an der Werke Frucht nicht hängt,
Gelassen bleibt, auf nichts sich stützt,
Der wandelt Tun in Nicht-Tun um,
Auch wenn er fort im Handeln fährt.
18.
Wer, ohne Wunsch, beherrschten Sinn's,
Frei von Besitz-Besessenheit
Den Leib gelassen wirken lässt,
Der wirkt - und wirkt zugleich auch nicht.
19.
Wem das, was sich ihm schenkt, genügt,
Wer ohne Zwiespalt, frei von Neid
im Misserfolg wie im Erfolg,
Der wird von keiner Tat verstrickt.
20.
Wer ohne Hang, vom Schein sich löst,
Nur nach Erkenntnis eifrig strebt,
Mit reinem Geist sein Opfer bringt,
Der löschet aller Taten Spur.
21.
Wer all sein Tun der Gottheit weiht,
Die seIber nichts als Opf'rer ist,
Die sich verschenkt in jedem Werk-
Fürwahr, der geht zur Gottheit ein.
22.
Gar manche üben Selbstverzicht
Und flieh'n die Lockungen der Welt;
Und andere dagegen schreiten durch die Welt
Mit Sinnen, die ihr Will' beherrscht.
23.
Andere, des Einen Meister schon,
Bezähmen ihres Leibes Gier.
Im Feuer der Enthaltsamkeit
Weih'n sie der Gottheit ihre Kraft.
24.
Noch andre geben alles hin,
Um sich der Gottheit ganz zu weih'n;
Versunken sind sie in der Stille,
Einsgeworden mit dem All.
25.
Andere bei jedem Atemzug
Gedenken Gottes, selbst-beherrscht.
Geist-atmend zügeln sie den Hauch,
Eratmen Gottes Wesen so.
26.
Noch andere fasten, widmen so,
Noch lebend, höh'rem Leben sich-
Sie all', die Hingebung beseelt,
Erhell'n die Finsternis des Leids.
27 .
Wer von des Opfers Rest sich nährt,
Das er mir darbringt, kommt zu mir.
Wenn hier schon Leben opfern heißt,
Gilt dies noch mehr in höh'ren Welten!
28.
Mannigfach der Opfer Zahl,
Mit der der Mensch dem Gott sich weiht;
Doch alle sind sie tat-gebor'n.
Erkenn's, und Du wirst, handelnd, frei!
29.
Höher als alle Erdengaben
Gilt Deines Herzens Opfer mir:
Weih' mir Dein Denken, Wollen, Wesen-
Denn das ist höchste Opfer-Tat!
30.
Bedenke dies, wenn, ratlos, Du
Den Lehrern folgst, die Du befragt,'
Erkenntnis lehren sie Dich dann,
Die Weisen, die die Wahrheit schau'n.
31.
Ward die Erkenntnis Dein, dann wird
Kein Selbstbetrug Dich länger blenden,'
Die ganze Welt find'st Du in Dir
Und Dich in mir; der Gottheit Licht.
32.
Und war' auch großer Dein Vergeh'n
Als das der ander'n Sünder all',
Würd' sicher der Erkenntnis Schiff
Dich leiten übers Meer der Schuld!
33.
Wie Feuer alles Holz verzehrt,
Bis nichts als Asche übrig bleibt,
So wird in der Erkenntnis Glut
Der Taten Frucht hinweggerafft.
34.
Kein bess'res Läut'rungsmittel gibt's
Als der Erkenntnis Wandlungs-Kraft,'
Wer je den Jesu-Pfad betrat,
Gewahrt dies mit der Zeit von selbst.
35.
Dem Gläub'gen, der die Sinne zähmt,
Wird die Erkenntnis, die er sucht.
Ward die Erkenntnis sein, gelangt
Zum höchsten Seelenfrieden er .
36.
Wer ohn' Erkenntnis, glaubenslos,
Voll Zweifel, der geht bald zugrunde.
In dieser wie in jener Welt
Flieh'n Ruh' und Glück den Zweifelnden.
37.
Wer um Hingebung sich bemüht,
Den Zweifel durch Erkenntnis bannt,
Gelassen in sich seiber ruht,
Den binden seine Taten nicht.
VON DER GOTT-VEREINUNG
DURCH RECHTE GELASSENHEIT
1.
Das Nicht- Tun führt zur Seligkeit,
Nicht minder führt das Tun zum Heil;
Das Bess're aber von den zwei´n
Ist rechtes Tun
2.
Wer nichts verlangt, nichts hasst, nicht giert,
Der übt im Tun das Nicht-Tun schon,
Wer, wirkend, nicht den Sinnen folgt,
Bleibt von der Taten Folge frei.
3.
Dem Unerwachten nur erscheint
Ais zweierlei, was eines ist.
Der Weise weiß; wer's eine übt
Auf rechte Art, bricht beider Frucht.
4.
Zum gleichen Ziel wie rechtes Tun
Führt Nicht- Tun, der Versenkung Preis.
Wer sie wie eines schützt und übt,
Hat recht erkannt und recht getan.
5.
Doch ohne Übung wird
Das Nicht-Tun schwerlich je erreicht,
Wer kühn den Weg nach innen geht,
Gelangt bald zu der Gottheit Reich.
6.
Wer, einwärts-schreitend, selbstbeherrscht,
Sein Wollen läutert, und sein Selbst
Eins weiß mit allem, was da lebt,
Den trifft der Taten Folg' nicht mehr.
7.
"Nicht ich bin es, der wirkt!" - so denkt
Wer in der Gottheit Stille ruht,
So oft er sieht, hört, fühlt und riecht,
So oft er isst, geht, atmet, schläft,
8.
So oft er spricht, loslässt, ergreift,
Die Augen öffnet oder schließt,
Er weiß: Es sind die Sinne nur,
Die mit den Sinnesdingen spiel'n.
9.
Wer handelt ohne jeden Hang,
Willig sein Tun der Gottheit weiht,
Wird von der Wirkwelt nicht berührt,
Wie Wasser netzt die Lotosblüte nicht.
10.
Mit Körper; Sinnen, Herz, Vernunft,
Nicht für sich suchend, ohne Hang
Tut der Erwachte seine Pflicht,
Sein Selbst so läuternd, heiligend.
11.
Wer aufgibt seiner Taten Frucht,
Zum Seelenfrieden findet der
Doch giert er nach der Tat Erfolg,
Wird leidvoll er zum Sklaven seines Tuns.
12.
Von Tat-Sucht und von Tat-Frucht frei
Sitzt, Meister seiner selbst, der Geist
In der neuntor'gen Stadt des Leibes,
Schaut dem Gescheh'n gelassen zu.
13.
Nicht ruft der Geist, der Gott in Dir;
Die Tat ins Dasein, noch die Folgen,
Knüpft der Geschicke Band nicht, denn
Hier wirkt Natur und ihr Gesetz.
14.
Als sein' erkennt der Geist nicht an
Die böse Tat, die gute Tat.
Wer and'res wähnt, irrt, weil ihn noch
Der Nicht-Erkenntnis Nacht umhüllt.
15.
Doch wer mit der Erkenntnis Licht
Des Selbstbetruges Finsternis zerreißt,
Der schaut den Geist, der sonnengleich
Hoch über allem Wandel thront.
16.
Wer ihn erkennt, mit ihm sich eint,
Und in ihm ruht
Der tilgt, im Einssein, jede Schuld
Und endet seine Wanderschaft.
17:
Des Gottesgeistes stilles Licht
Sieht er in allem Leben nun -
Im Weisen wie
Im kleinsten und im größten Tier.
18.
Nur jene haben hier den Himmel schon
Die, wie der Geist, gelassen sind:
Mit Gott geeint, ruh'n sie, gleich ihm,
Im AIl-Bewegten unbewegt.
19.
Der jubelt nicht, der jammert nicht,
Ob Glück, ob Unglück ihn ereilt,
Der, starken Herzens, unbewegt,
Zu Gott erwacht, in Gott sich weiß.
20.
Nicht hängend an der Sinnenwelt,
Findet in sich selbst sein Glück,.
Wer ganz mit Gott vereint.
Ihm wird zuteil
Die Allbewusstseins-Seligkeit-.
21.
Jeder Genuss der Sinnenwelt
Trägt in sich künft'gen Leides Keim.
Rasch kommt er; rasch vergeht er auch,
Darum verführt er keines Weisen Herz.
22.
Wer; während er im Körper weilt,
Den Drang des Haftens und der Gier
In sich zu bannen weiß, der ist,
Ein Gott-Geeinter; glück-erfülllt.
23.
Wer nur vom Selbst beglückt und wer
Vom inn'ren Licht erleuchtet ist,
Der kehrt, schon hier mit Gott vermählt,
Heim in der Welten-Gottheit Reich.
24.
Mit dem Unendlichen wird eins,
Wer frei von Leid und klar im Geist.
Auf aller Wesen Wohl bedacht,
In allem Leben Gott gewahrt. !
25.
Wer, völlig frei von gierigem Verlangen, -
Das Ich gezähmt, gelassen bleibt
Und zu sich seIber kehrte heim,
Bereitet sich zum Gott-Entwordensein.
26.
Wer, wachen Innen-Auges, sich
Dem Äußer'n überlegen weiß,
Wess' Geistes-Atem sich, gezähmt,
Der Gottheit Atem ganz geeint,
27.
Wer mit des Gottes Innenkraft
Herz, Sinne und Gemüt beherrscht,
Und von sich weist, was gottlos ist,
Der ist für immerdar erlöst.
28.
Wer so mich als sein Selbst erkannt',
Der Seelen und der Welten Herrn,
Wer weiß, dass Selbst und Gottheit eins,
Der, kehret heim zu mir.
VON DER GOTT-VEREINIGUNG
DURCH RECHTE SELBSTZUCHT
1.
Was Tat-Verzicht der Eine nennt,
Gilt anderen als gottes-würd'ge Tat.
Wer nur Gott durch sich wirken lässt,
Der handelt weise.
2.
Solang' des Einen Pfad Du folgst,
Wird er ein Werkzeug Dir zum Heil.
Hast Du des Einen Ziel erreicht,
Gilt Nicht-Tun Dir als höchstes Tun.
3.
Wer nicht mehr an den Dingen hängt,
Nicht nach des Wirkens Früchten greift
Und seiner Wünsche Meister ward,
Der steht am Ziele, gott-geeint.
4.
Erhebe durch Dein Selbst Dein Ich,'
Nie sei Dein Selbst des Egos Sklave!
Das Ich ist Deines Selbstes Feind,
Dein Selbst, als Herrscher, Deines Iches Freund.
5.
Wer durch sein Selbst das Ich bezwang
Dem wird das Gott-Selbst Helfer, Freund;
Doch wo das Ich regiert, dort schweigt
Das Selbst, der inn're Helfer; still.
6.
Wer sich vom Selbst geführt, beherrscht,
Ist Meister der Gelassenheit
Ob Kälte, Hitze ihn bestürmt,
Lust, Leid, Missachtung oder Ehr'. –
7.
Wer, weisheitsvoll, erkenntnisreich,
Allüberlegen, sinngezähmt,
Gleich achtet Erde, Stein und Gold
Der steht, befreit, am Ziel.
8.
Wer gegen Gern- und wen'ger Gerngesehene,
Verwandte, Freunde oder Feinde
Gleichgütig und gleichmütig bleibt
Den nenn' fürwahr ich lobenswert.
10.
Entspannten Körpers hin bequem
An einem Platz, da ihn nichts stört.
Damit die Sammlung wohl gelingt,
Sei nicht zu weich, zu hart sein Sitz.
11.
Auf eines richt' er nun den Geist,
Der Sinne und Gedanken Herr.
Einwärts wend' er den Willen dann,
Hingebend sich dem Ewigen.
12.
Rumpf, Kopf und Hals sei unbewegt
Und aufgerichtet wie ein Baum.
Nach innen sammle sich der Blick,
Nicht schweif' er in die Außenwelt.
13.
Gelass'nen Selbstes, frei von Furcht,
Dem Innengotte zugewandt
Und ganz von Seinem Geist erfüllt -
So sitz' der Schüler da.
14.
In solchem Schweigen, selbst-versenkt,
Wunschlos verweilend, gott-gestillt,
Geht er in meine Ruhe ein,
Vom Sondersein und Schein erlöst.
15.
Zur Selbst-Befreiung findet nicht,
Wer vieles isst, noch der; der gar nichts isst,
Noch wer zu viel des Schlafes pflegt,
Noch auch, wer ständig wacht.
16.
Nur wer bewusst isst, sich erholt,
Wer gott-bewusst sein Werk vollbringt,
Bewusst einschläft, bewusst erwacht,
Erreicht der Leid-Erlösung Ziel.
11
Wer all sein Denken, all sein Woll'n
Gerichtet auf sein göttlich Selbst,
Von allem frei, was nicht er selbst -
Fürwahr, den nenn' ich gott-geeint.
18.
Wie Kerzenlicht, vom Wind beschützt,
Nicht flackert, so bleibt unentwegt
Der Weise, der sein Ich gezähmt,
Mit seinem Gott-Selbst sich vereint.
19.
Wenn die Gedanken ruh 'n, beherrscht
Durch Sammlung, durch Versenkung, Stille,
Wenn, voll erwacht, das inn're Selbst
Glückselig seiner selbst bewusst,
20.
Und Seiner Arbeit inne wird,
Der unumspannbar, endlos ist;
Und wenn in dieser Seligkeit
Er fest beharrt, nicht aus ihr weicht,
21.
Wenn, im Erleben dieses Glücks,
Ihm höher nichts, nichts besser gilt;
Wenn selbst das größte Erdenleid
Es nicht aus inn'rer Sammlung reißt-
22.
Dann hat das Selbst sein Ziel erreicht.
So löst der Eine Leides-Haft.
Drum üb' dies mit Entschlossenheit,
Damit auch Dir Befreiung wird!
23.
Begierden, die der Wunsch gebar,
Sie meide achtsam als Gefahr.
Beständig auch der Sinne Schar,
Entschlossen der Wille, achtsam und klar.
24.
Zieh', schweigend, Dich in Dich zurück.
Nichts lenk' von Deinem Ziel Dich ab!
Gib gänzlich hin Dich an Dein Selbst
Und denk' und fühl' nichts andres mehr!
25.
Versucht zu schweifen auch erneut
Der flatternden Gedanken Schar,
Hol' immer wieder sie zurück,
Bis sie des Selbstes Ruhe bannt!
26.
Bist Du zur Ruhe einst gelangt, wird Dir
Zuteil der Stille Seligkeit;
Gestillt, von Selbstsucht frei, entsühnt,
Wirst mit dem Ewigen Du eins.
27.
Wer so dem Ewigen sich eint',
Vom Sonder- Wollen sich befreit',
Der wird, voll Wonne, sich bewusst
Des Innengottes Gegenwart.
28.
In allem Sein sieht er sich selbst
Und aller Wesen Heer' in sich -
Wer sich mit mir vereint und nun
Die Welt mit meinen Augen sieht.
29.
Wer mich in jedem Sein erblickt
Und alles in mir seiend sieht,
Dem bleib' ich gegenwärtig stets,
Und nie mehr wird er mir entrückt.
30.
Wer mich in alIen Wesen ehrt,
In alIem nach dem Eins-Sein strebt,
Der lebt in mir und ich in ihm,
Wohin sein Schicksalsweg auch führt.
31.
Wer eins sich alIem Leben weiß,
Eins auch mit fremdem Weh und Glück,
Und dabei doch gelassen bleibt,
Der hat des Einen Ziel erreicht.
32.
Gewiss ist der Gedanken Schar
Nicht leicht zu zügeln und zu zähmen;
Und doch bannt sie Gelassenheit,
Die Übung zur Gewohnheit macht. ~
33.
Wer seiner selbst nicht Herr noch ist
Erreicht kaum der Versenkung Ziel;
Doch wer sich müht und sich bezähmt,
Gelangt zum Einssein und wird frei.
34.
Nicht hier noch jenseits geht zugrund',
Wer ehrlich strebt, wer Gutes wirkt.
Wer gläubig seine Pflicht erfüllt, ~
Dess 'Weg führt nie zum Untergang.
35.
Wer der Versenkung Ziel verfehlt,
Verweilt im Paradies des Glücks
Bis er, als edler Menschen Kind,
Auf's Neue in dies Dasein tritt.
36.
Vielleicht kehrt er zu neuem Leben
Im Umkreis eines Weisen ein,
Der ihm zum Lehrer wird, doch schwer
Wird solcherlei Geburt erlangt.
37.
Bald erntet er: im neuen Leib,
Was er im früh'ren Sein gesät;
Mit größ´rem Eifer strebt Er jetzt
Voran auf der Erlösung Bahn.
38. ~
Sein ehemaliges Bemüh'n
Treibt ihn mit groß´rer Wucht voran,
Versenkung übend, steigt er nun
Vom Wissen rasch zur Weisheit auf '
39.
Hat er zuletzt, als seiner Mühen Frucht,
Des Einen Ziel, Einssein, erreicht,
Geläutert durch die Wiederkehr;
Dann endet seine Sucherschaft.
40.
Ein Meister der Versenkung gilt
Mir mehr als die bloß' Wissenden,
Mehr auch als die bloß Handelnden,
Denn was er tat, das tat er ganz.
41.
Darum in der Gott-Sucher Schar,
Gilt der als Höchster mir, der mir sich eint
Und nur wirkt, was ich durch ihn wirke.
Wohlan, so folge diesem Weg!
VON DER RECHTEN UNTERSCHEIDUNG
1.
Wie Du dies weise übst,
Und, mir vertrauend, Dich mir einst
Und meine Allheit ganz erkennst
Das zeige ich jetzt Dir.
2.
Ich lehre Dich erkennen nun
Der Gottheit Wesen und der Welt.
Wenn Du's erkannt hast, bleibt Dir hier
Nichts zu erkennen übrig mehr.
3.
Von tausend Menschen strebt bewusst
Kaum einer nach Vollkommenheit,
Und von den also Strebenden
Hat mich kaum einer voll erkannt.
4.
Denn vielfach offenbar´ich mich:
In Erde, Wasser, Feuer, Luft
Im Äther, im Gedanken auch
Und in den Wesen walte ich.
5.
Das ist mein offenbartes Sein. -
Doch nun erkenn' das höh're auch,
Das all-belebende, durch das
Die Welten ich ins Dasein rief.
6.
Ich bin des Lebens Born, erkenne mich
Als Quellgrund aller Wesen,
Ich bin der Ursprung alIen Seins,
Der Welten Anfang und ihr Ende.
Z
Es gibt nichts Höheres als mich
Im ganzen Reiche der Natur:
Mein Geist zieht durch die Welten sich
Wie durch die Perlen-Reih'n die Schnur.
8. .
Ich bin des Wassers
stille Kraft,
Ich bin das Licht in Mond und Sonne,
Ich bin der Worte wahrer Sinn,
Ich bin der HeIden heil'ger Mut.
9.
Ich bin der Erden Werde-Kraft,
Ich bin der Flamme glutend Glanz,
Ich bin des Suchers Wahrheits-Schau,
Das Leben in den Wesen all.
10.
Ich bin in alIen Wesen
Der Gottesfunken -
unvergänglich,'
Bin auch der Weisen Weisheit,
Das Licht aller Erleuchteten.
11.
Ich bin der Starken inn're Kraft,
Die sie das Schicksal meistern lässt;
Ich bin der Liebe wahre Macht,
Erlösend alIen Wesen
eingebor'n
12.
Die Eigenschaften der Natur,
Bewusstsein, Haftsucht auch und Dunkelheit,
Stammen aus mir, doch bin ich nicht
Mit diesen Dingen wesenseins.
13.
Geblendet von der Dinge Schein,
Verwechselnd Äußerung mit Sein,
Verkennt die Welt, dass höher ich,
Von Wandel frei und unvergänglich bin.
14.
Schwer zu durchdringen ist der Trug
Von meinen Wesens Widerschein;
Doch der zerreißt der Maya Schleier;
Der sich mir gänzlich zugewandt.
15.
Nicht wendet sich zu mir der Tor,
Der Frevler; Niedrig-Denkende,
Auch der Gottlose nicht; sie aIle spür'n,
Vom Schein versklavt, mein wahres Sein nicht mehr.
16.
Vier Arten guter Menschen gibt's
Die mich verehren:
Wer Leid trägt, nach Erkenntnis strebt,
Wer gütig ist, wer weise ward.
17.
Der letzte übertrifft sie aIle,
Der sich im Geiste mit mir eint.
Er schützt mich als das höchste Gut,
Und so wie er mich liebt, so lieb' ich ihn
18.
Gut sind sie alle vier; doch
Wie ein Teil von mir, ist nur der Letzte,
Da er; von Eigenwillen frei,
Zu mir kommt als zum höchsten Heil.
19.
Vom Kreislauf der Geburten kehrt er heim
In mich, der All-Erkennende.
Alles ist Krishna),
Gott in mir!" -
Wer das erkannte, der ward frei.
20.
Doch wer, vom Sinnentrug verlockt,
Sich ander'n Göttern zugewandt
Und diesen Göttern Opfer bringt,
Wird denen gleich, die er
verehrt.
21.
Doch welchen Gott auch einer ehrt -
Tut er's mit gläubigem Gemüt,
Dann nehm' ich ihn in meine Hut
Um eben dieses Glaubens willen.
22.
Wenn er mit gläubigem Vertrauen
Um Hilfe seinen Gott anfleht,
Dann wird, was er von jenem wünscht,
Am Ende ihm von mir geschenkt.
23.
Doch bleibt vergänglich der Gewinn
Bei dem, der noch erkenntnis-blind.
Die Götter findet, wer sie ehrt.
Wer mir vertraut, findet zu mir.
24.
Sichtbar wähnen die Toren mich,
Den unsichtbaren, ew'gen Gott;
Mein wahres, all-erhab'nes Sein
Schau'n die Erkenntnis-Blinden nicht.
25.
Nicht bin ich sichtbar jedermann,
Weil mich der Maya Schein verhüllt,
So dass die Welt, vom Trug verwirrt,
Vor tausend Masken mich nicht sieht.
26.
Ich kenn' die heut' verkörperten
Und die vergang'nen Wesen all',
Auch die, die ruhen noch im Zukunfts-Schoß.
Doch kein Verkörperter kennt mich.
27:
Der Selbsttrug macht die Wesen blind,
Den Haften oder Hass gebar;
Von ihnen wird die ganze Welt
In Nicht-Erkenntnis tiefverstrickt.
28.
Doch wer vom Haften wie vom Hass,
Vom Selbsttrug wie auch vom Sondersein
Sich frei gemacht, richtet sein Herz
Entschloss'nen Willens fest auf mich.
29.
Wer, um Geburt, Alter und Tod
Zu überwinden, zu mir flieht,
Erkennt mich als der Gottheit Geist,
Als Tat- Vollendung, höchstes Sein
30.
Wer mich, selbst wenn der Tod ihm naht
Als ersten Opferer erkennt,
Als höchsten Gott, der Seelen Herrn,
Der kennt mich wahrhaft.
VON DER GOTT-VEREINIGUNG
DURCH RECHTE HINGABE
1.
Der Gottheit Geist ist eins und alles;
Das höchste Sein ruht in
sich selbst,
Und Tat- Vollendung ist das Werk,
Durch das die Schöpfung trat hervor:
2.
Der Allgeist ist der höchste Gott,
Er ist zugleich der Seelen Herr:
Der erste Opf'rer, Erdenmensch,
Bin ich, der ich mit Dir mich einst verband.
3.
Wer in der Todesstunde
Mein gedenkend seinen Leib verlässt,
Der gehet in mein Wesen ein.
Des sei gewiss!
4.
Dem Sein, an das er, sterbend, denkt,
Vereint der Leibbefreite sich.
Jeder wird gleich dem, das er liebt,
Und eilt zu dem, daran er denkt. I
5.
Darum gedenke meiner jederzeit
Und stelle, Tapf'rer; Dich dem Feind!
Wenn Du mir Herz und Willen weihst,
Wirst Du mit mir im Tode eins.
6.
Wer sich in der Versenkung übt,
Nichts and'res in Gedanken sucht
Ais Einssein mit der Gottheit Geist,
Der findet zur Vereinigung.
7.
Wer des Allwissenden gedenkt,
Der dieses All von innen lenkt,
Wer jenseits aller Sinne Schein
Erkennt mein wahres, ew'ges Sein,
8.
Und wer - im Tod - mit klarem Sinn
Gibt Atem lhm und Willen hin
Zu lhm sich neigt, der wird lhm gleich,
Betritt des Allerhöchsten Reich.
9.
Dieses Reich des höchsten Seins, von dem
Der Weisen Schar laut rühmend spricht
Und zu dem jeder Sucher strebt,
Will ich Dir kurz beschreiben jetzt.
10.
Wer seiner Sinne Tore schließt,
Die Stille aufsucht, seinen Will'n
Wie seinen Atem einwärts lenkt
Und in Versenkung sich erhält,
11.
,Gott!' spricht und dabei mein gedenkt,
Der ich in ihm das Leben bin -
Wer so, den Leib verlassend, stirbt,
Betritt das Reich des höchsten Seins.
12.
Wer an nichts anderes mehr denkt,
Wer mich beständig in sich weiß
Und meinem Willen sich versenkt,
Der, stirbt er, findet leicht zu mir.
13.
Das bitt're Los der Wiederkehr
Wird nicht zuteil dem, der zu mir;
Zum höchsten Glück, zur Seligkeit,
lrrtum-enthaftet, heimgekehrt.
14.
All' Wesen in der Welten Sphär',
Selbst bis zum Himmel, sind gebannt
An das Gesetz der Wiederkehr.
Doch frei davon ist, wer mich fand.
15.
Er weiß, bei Gott gleicht schon ein Tag
Zeitalter in der Welten Maß,
Desgleichen Gottes Nacht, - doch ihn
Berührt selbst dieser Wechsel nicht.
16.
Wenn Gottes Welten-Tag beginnt,
Tritt das gesamte All ins Sein.
Bricht Gottes Nacht an, dann erlischt
Das Lichter-Meer des Alls erneut.
17.
All' Wesen, die viel' tausend Mal
Zu Lust und Leiden wiederkehr'n,
Entschwinden, naht die Welten-Nacht-
Der Welten-Tag ruft sie aufs neu'.
18. ~~
Doch jenseits dieser Wandelwelt
Dehnt sich ein andres, höh'res Reich;
Wenn Erd' und Himmel auch vergeh'n-
Dies Reich hat ewigen Bestand.
19.
Es ist das Reich des höchsten Seins,
Unsichtbar ist's, unoffenbar;
Wer zu ihm fand, kehrt nicht zurück.
Dies Reich ist meine Heimstatt, Held.
20.
Wer meinem Sein sich liebend eint,
Gelangt zu dieses Reiches Herrn,
Der aller Wesen Ursprung ist
Und alle Welten rief ins Sein. -
21.
Wer, wenn er stirbt, wird frei von Wiederkehr
Und wer zurückkehr'n muss,
Wenn dieses Leben er verlässt,
Das will ich nun verkünden Dir.
22.
Wer von der Innen-Sonne Licht,
Das im erwachten Herzen flammt,
Im Sterben sich erleuchtet sieht,
Kehrt heim zum Reich des höchsten Seins.
23.
Doch wer, des inn'ren Lichtes bar,
Mondgleich von fremdem Lichte lebt,
Und unerhellt von dannen geht,
Der kehrt in diese Welt zurück.
24.
Der lichte wie der dunkle Pfad
Besteht seit Ewigkeiten schon:
Der eine führt zum höchsten Sein,
Der and're führt zur Welt zurück.
25.
Wer um die beiden Pfade weiß,
Kennt wahrhaft seines Daseins Ziel.
Drum strebe, während Du noch lebst,
Allein nach Deines Selbstes Licht.
26.
Mehr tut, wer dieses Ziel verfolgt,
Als wer durch Opfern, durch Kastei'n,
Durch Rechttun nach Erlösung ringt,
Ihm ist das höchste Sein gewiss!
VON DER HÖCHSTEN WEISHEIT
1.
Verborg'ne Weisheit will ich Dir
Jetzt künden. Hör' mich drum willig an!
Wenn dieses höchste Wissen Du
Erfasst hast, kann kein Leid Dir nah'n.
2.
Des Einen heil'ge Wissenschaft,
Schenkt Freiheit nur des Menschen Geist.
Leicht zu versteh 'n , klar sein Gesetz
Und anzuwenden ohne Müh'.
3.
Die Menschen, die sich, glaubenslos
Nicht anvertrauen diesem Pfad ins Licht,
Verfehlen mich und kehr'n zurück
Zur Wandelwelt, zu neuem Sein.
4.
Aus mir, dem Unsichtbaren, tritt
Der Universen Schar hervor:
Die Wesen all' umschließt mein Sein,
Doch sind sie meiner nicht bewusst.
6. ,~
Wie in dem unbewegten Raum
Die Winde kreisen, ruhelos,
So kreist in mir; der stille steht,
Der Wesen Heer. Begreif' es wohl!
7.
Sie alle kehr'n beim Welten-End'
Zurück in meine Wesenheit;
Beginnt der neue Welten-Tag,
Ruf' ich von neuem sie ins Sein.
8. ~
Des Kreisens unbewegte Mitte,
Ruf' ich zu weit'rem Werdegang
Die Wesen stets von neuem auf,
Die noch schicksals-gebunden sind.
9.
Doch werd' ich durch mein Schöpfungs-Werk
An nichts und niemanden gebunden,
Denn Tun wie Nicht- Tun gilt mir gleich.
All-wirkend, ruh' ich in mir selbst.
10.
Nach meinem Will'n wirkt die Natur
Und Leben, das da kommt und geht.
Ich bin das Zentrum, unbewegt,
Um das die Welt im Kreis sich dreht.
11.
Gar leicht verkennen Toren mich,
Wenn ich in Menschgestalt erschein.
Sie sehen nicht mein wahres Sein,
Das mit der Gottheit wesenseins.
12.
Erkenntnis-blind, verehren sie,
Dem Scheine folgend statt dem Sein,
Die nied're Offenbarungs-Form,
In der ich ihnen mich genaht.
13.
Doch die Erwachten, die nichts täuscht,
Erkennen mich, der Gottheit Geist,
Und geben mir sich liebend hin,
Dem ew'gen Urquell allen Seins.
14.
Sie rühmen mich ohn' Unterlass
Und streben, frei zu sein vom Schein.
Sie huld'gen mir und weihen sich
Nur mir allein, dem höchsten Sein.
15.
Andere opfern mir ihr Herz
Und seh'n in der Erkenntnis Licht,
Dass ich, wenn all-enthoben auch,
Dennoch all-gegenwärtig bin.
16.
Ich bin das Opfer; das Gebet,
Die Opfergab', des Opfers Frucht,
Das Opferlied, das heil'ge Öl,
Der Weihrauch und das Opfer Feuer.
18.
lch bin der Weg, Hilfe und Heil,
Der Wesen Herr; Erlöser, Freund,
lhr Ursprung, End' und Heimatstatt,
Der Seele Licht, das nie erlischt.
19.
Des Regengusses End' ich send',
Der Sonne warmes Licht ich spend'.
lch bin Unsterblichkeit und Tod,
Bin Sein und Nicht-Sein ohne Not.
2.
Wer nach den heil'gen Schriften lebt,
Die Schuld entsühnt, opferbereit,
Der geht, wenn nach dem Glück er strebt,
Ein zu des Himmels Seligkeit.
21.
Doch wer das Glück, das er einst fand,
Genossen hat, kehrt doch zurück
Zu neuem Sein; denn selbst dies Glück
Hat, wunsch-entsprungen, nicht Bestand.
22.
Wer aber, unverwandten Sinn's,
Sich mir hingibt ohn' Vorbehalt,
Dem wird, als unvergänglich Glück,
Des Einsseins Seligkeit zuteil.
23.
Doch auch, wer and're Götter ehrt
Und ihnen gläubig sich ergibt,
Opfert in Wirklichkeit nur mir;
Wenn auch der Blinde es nicht sieht.
24.
Denn ich bin aller Opfer Herr
Und jedes Opfer ernte ich;
Doch da die Blinden mich nicht spür'n,
Verfallen sie der Wiederkehr.
25.
Jeder erreicht die Welt, die er ersehnt:
Wer sich den Göttern weiht,
Geht in den Götter-Himmel ein.
Wer mich verehrt, kehrt heim zu mir.
26.
Wer mir mit gläubig reinem Sinn
Auch nur das kleinste Opfer bringt,
Sei's eine Blum', ein Grashalm nur,
Dem wend' ich meine Liebe zu.
27.
Was Du verrichtest und verzehrst,
Auch was Du opferst, was Du wirkst,
Das tu' bewusst; bring' darin mir
Dein liebend Herz zum Opfer dar.
28.
Frei wirst Du von der Taten Folgen,
Ob glückvoll sie, ob unglückreich,
Weihst Du Dein Tun wie Nicht-Tun mir.
Befreit, kehrst Du zu mir dann heim.
29.
Ich stehe allem Sein gleich nah'.
Nichts gilt mir weniger; nichts mehr.
Doch wer mich liebend ehrt, der ist
Mit mir geeint, wie ich mit ihm.
30.
Ein Sünder selbst, der Übles tat,
Doch dann sich gänzlich mir ergab,
Gilt als entsühnt und ist mir lieb,
Weil er sich recht entschieden hat.
31.
Bald wird er reinen Herzens sein,
Teilhaftig meines Friedens ganz.
Erkenne drum,
Wer mich verehrt, geht nie zugrund'!
32.
Wer zu mir seine Zuflucht nimmt,
Wär' er auch niedrigster Geburt,
Ein Sklave, ein armselig Weib,
Den führe ich zum höchsten Heil.
33.
Doch leichter find't den Weg zu mir
Der Weisen, der Erwachten Schar.
So schenk' auch Du Dich mir,
In dieser Wirrwelt voller Leid!
34.
Sieh in mir Deines Strebens Ziel
Und Deines Daseins höchstes Glück!
Dann wirst Du, meines Seins gewiss,
Einst mit mir eins, befreit, erlöst!
VON DER GÖTTLICHEN
ALL-OFFENBARUNG
1.
Nun höre weiter meine Lehr',
Die Dir den Weg erhellen soll;
Aus Liebe zu Dir verkünd' ich sie,
Weil ich Dein Freund und Helfer bin.
2.
Es kennen meinen Anfang nicht
Die Götter noch der Weisen Schar,
Weil ich der Götter Urquell bin
Und auch der Weisen allesamt.
3.
Wer mich erkennt als Herrn der Welt,
Der ungeboren, anfangslos,
Der wird von Nicht- Erkenntnis frei
Und, noch verkörpert, schuld-entsühnt.
4.
Denn aller Dinge Eigenschaft
Wurzelt in mir: Erkenntnis, Geist,
Einsicht, Geduld, Wahrhaftigkeit,
Selbstzucht, Stille, Freud' und Schmerz,
5.
Güte, Gleichmut und Zufriedenheit,
Entstehen und Vergehen, Glück wie Sicherheit,
Freigebigkeit, Gefahr; Mut, wie auch Kampf
Und all der Wesen Eigenschaften sonst.
6.
Die Weisen der Vergangenheit,
Der Sternengeister Riesenheer;
Der Menschheits-Stämme
Elternpaare,
Sie all' entsprangen meinem Geist.
Z
Wer meines Welten-Opfers Macht
Erkennt und in sich weiß mein Sein,
Der opfert willig mir sein Herz
Und nimmt an meiner Allheit teil.
8.
Ich rief dies All aus mir hervor;
Aus mir ward alles, was entstand.
Der mein All-Schöpfertum erkannt',
Der Weise, eint sich liebend mir.
9.
Mein gedenkt er; sieht in mir sein Heil
Und hat an meiner Weisheit teil;
Von mir nur künd't er immerfort,
Von mir beseligt und beglückt.
10.
Wer so mir hingegeben ist,
Mit meinem Willen völlig eins,
Dem schenk' ich der Versenkung Preis-
Das Glück der Gott-Entwordenheit.
11.
Der Nicht-Erkenntnis Dunkelheit
Zerstreu' ich mit der Wahrheit Licht,
Das in mir flammt, erlösend so
Den, der sich liebend mir geeint.
12.
Wohlan! Gern zeig' die Fülle ich
Dir meiner Offenbarungen.
Die Wesentlichsten nenn' ich nur,
Denn ich bin ohne Grenz' und End'.
13.
lch bin der Gott, das ew'ge Selbst,
Das jedem Wesen innewohnt.
lch bin der Wesen Ursprung, bin
Ihr Weg und ihrer Wand'rung Ziel.
14.
lch bin der Geister höchster, Held,
Bin aller Sonnen-Heere Herr;
lch bin des Sturms Gebieter und
Der Mond im Sternenkreis der Nacht.
15.
lch bin der Schriften heiligste,'
Der Götter oberster bin ich,
Bin in der Sinne Kreis das Herz
Und in der Kräfte Ring der Geist.
16.
Unter den Engeln bin ich Fürst,
Unter den Genien: Geist des Glücks,
Im Elementekreis: Das Feuer;
Der Götter-Berg unter den Gipfeln.
17:
Der Priester vornehmster bin ich:
Der Hohepriester, Opferer:
Im Kampf bin ich der Gott des Kriegs,.
Unter den See'n bin ich das Meer.
18.
Den Weisen gelt' als
Meister ich,
Ich bin der Worte höchstes: Gott,
Beim Opfern: Schweigendes Gebet.
Unter den Bergen der Himalaya.
19.
Unter den Bäumen bin der Lebensbaum ich,
Im Schauenden das inn're Licht,
Im Sphären-Reich die Harmonie,
Unter den Heiligen der Gott-Entrückte.
20.
Unter der Tiere Schar bin ich
Das Flügelross, das Gott entsprang;
Als Geist-Symbol der Elefant,
Unter den Menschen: Herr und König.
21.
Als Waffe bin der Blitz ich,
Als Bild der Fruchtbarkeit die Kuh
Als Bild der Lust der Liebes-Gott,
Die Schlange als der Weisheit Bild.
22.
Und als der Welten Trägerin,
Im Nixen-Reich der Wassergott.
Ich bin der Wahrheitssucher Ahn;
Der Richter in des Todes Reich.
23.
Unter den Riesen bin ich Herr,
Bin in der Wandelwelt die Zeit,
Der Löwe in der Tiere Reich,
Der Adler in der Vogel Heer.
24.
Unter den Reinigern der Sturm.
Im Streit bin ich das Waffenglück;
Unter den Fischen der Delphin,
Der Ganges in der Strome Schar…
25.
So bin in aller Wesen Reich
Das Höchste ich, Anfang und End','
Im Reich des Wissens: Gottes-Schau,
Das inn're Wort im Reich der Sprache.
26.
Der erste in der Laute Reich,
Im Satze der Zusammenhang,
Im Reich der Zeit die Ewigkeit,
Im Lebensreich der Schöpfergeist.
27.
Ich bin der Tod, der alles greift,
Und bin zugleich der Neubeginn.
Als Tugend bin ich die Geduld,
Kraft, Klugheit, Anmut, Stetigkeit.
28.
Als Lied bin ich der Lobgesang,
Als Weihewort das Dank-Gebet.
Ich bin des neuen Lebens Mond,
Der Frühling im Gezeiten-Kreis.I
29.
Der Spiele edelstes bin ich,
Allem, was strahlt, geb' ich das Licht.
Ich bin der Sieger Siegeskraft,
Die Güte in den Gütigen
30.
Ich bin der Starken inn'rer Halt,
Der Siegesmut der Kämpfenden,
Das Schweigen der Gott-Suchenden,
Die Einsicht der Erkennenden.
31.
Ich bin der Dinge Ur-Gedank',
Bin aller Wesen Lebenskraft;
Ohne mich besteht kein Sein,
Alles, was lebt, lebt nur durch mich allein.
32.
Erkenne: Jedes Ding im All,
Das groß, schön, stark, erhaben ist,
Ist Offenbarung meiner Kraft,
Schönheit, Erhabenheit und Macht!
33.
Doch dass der Vielfalt
Offenbarungen Dich nicht verwirre,
Füg' ich hinzu, dass nur ein Bruchteil schon
Von meiner Kraft dies All hier trägt.
VON DER GÖTTLICHEN
ALL- GEGENWART
1.
Wohlan! So schaue,
Meiner Gestalten Fülle nun, ;
Die tausendfält'gen, himmlischen,
In mannigfacher Wesensform!
2.
Der Götter sieh', der Engel Reich',
Der Geister; der Dämonen Welt,
Der Überwelten Wunder schau',
Die keines Menschen Aug' noch sah!
3.
Schau' als ein Ganzes jetzt die Welt-
Was lebt und was Dir leblos scheint!
Dies alles, das ist mein Gewand,
Mein Leib, der Geist darin bin ich.
4.
Doch sieh! Dein sterblich Auge nicht
Meiner Selbst-Offenbarung Kreis,
Drum öffne ich Dein inn'res Aug',
Dass Du mich und mein Werk erkennst!
5.
Studium und Opfer; Beten nicht,
Nicht Fasten, gute Werke noch Kastei'n
Befähigt jemand, mich zu schau'n
In meiner Allheit Wesensform.
6.
Nur wer sein Selbst in Liebe mir
Hingibt, dem zeige ich mich ganz;
Er schaut mich, wie ich wirklich bin,
Und wird, entworden, mit mir eins.
7.
Wer mich liebt, all sein Tun mir weihe,
Wer frei von Hass und Haften ward
Und alIen Wesen freundlich naht,
Der kehret heim zu mir.
VON DER LEIDLÖSENDEN LIEBE
1.
Wer, ganz in mich versenkt, nur mir
Sich weiht und mich stets in sich weiß
Und mir all sein Vertrauen schenkt,
Der ist dem Heil am nächsten, Freund.
2.
Doch wer mich als den Ew'gen ehrt,
Den unsichtbaren Weltengeist,
Der all-durchdringend unbewegt,
Unoffenbar und unerkannt.
3.
Doch wer dabei, beherrschten Sinn's,
Gleichgültig allen Wesen naht
Und sich um aller Wohl bemüht,
Auch der gelangt zu mir.
4.
Am mühevollsten ist dess Werk,
Der sich dem Unsichtbaren weiht;
Das unsichtbare Ziel wird schwer
Nur von Verkörperten erreicht.
5.
Doch wer mir widmet all sein Wirken,
Sein Wollen gänzlich mir ergibt,
Und wer, an mich nur denkend, sich,
Der Welt entsinkend, mit mir eint.
6.
Dem werde ich zum Retter bald
Aus dem Leid-Meer der Wandelwelt;
Den Kreislauf von Geburt und Tod
End' ich ihm, weil er mir vertraut.
7.
Drum richte nur auf mich Dein Herz,
Versenke Deinen Geist in mich,
Dann weilst auch künftig Du in mir
Und meiner Seligkeit!
8.
Doch wird's zu schwer Dir, Deinen Geist
Mir hinzugeben ganz und gar,
Dann gehe in die Still' und sinn'
Über mein Wesen eifrig nach.
9.
Und wenn Dir dieses nicht gelingt,
Dann weihe mir Dein ganzes Tun,
Ehrst Du bewusst mich durch Dein Wert,
Wird auch Vollendung Dir zuteil.
10.
Wenn Du auch das nicht ganz vermagst
Und doch in mir die Zuflucht suchst,
Dann leiste, ganz vom Haften frei, Verzicht
Auf alle Deiner Werke Frucht.
11.
Mehr als Rechttun ist Erkenntnis,
Noch höher gilt Versenkung mir,
Mehr noch Verzicht auf Taten-Frucht;
Dem Ziel ist, wer gelassen, nah´.
12.
Wer keinem Wesen Böses will,
Wer mitleidig und liebevoll,
Von Selbstsucht wie vom Ichwahn frei,
Im Glück und Unglück gleich sich bleibt.
13.
Wer, selbstbeherrscht und standhaft, stets
Zufrieden, mir vertrauend, mir
Sein Herz, sein Denken und sein Woll'n
Widmet und weiht, der ist mir lieb.
14.
Der, den die Welt nicht fürchten muss
Und den die Welt selbst furchtlos lässt,
Der frei, von Lust wie Weh sich weiß,
Sich hingibt mir, der ist mir lieb.
15.
Wer unbekümmert, unverwirrt,
Ohn' Furcht und Hoffen ist, und wer
Bei allem Tun gelassen bleibt
Und mich nur ehrt, der ist mir lieb.
16.
Wer nichts für sich will, nichts verwirft,
Wer nichts betrauert, nach nichts giert,
An nichts hängt, was vergänglich ist,
Und nur mich ehrt, der ist mir lieb.
11
Wer gleich sich bleibt bei Freund und Feind,
Gleichmütig gegen Ruhm wie Schmach,
Frost, Hitze, Misserfolg und Sieg,
Nicht haftend an der Dinge Schein
18.
Wer Lob wie Tadel gleich erträgt,
An seinem Hab und Gut nicht hängt,
Schweigsam, zufrieden, unbewegt-
Solch mir Ergeb'ner ist mir lieb.
19.
Wer meinem inn'ren Worte folgt
Und sich voll Glauben, voll Vertrau'n
Mir gänzlich hingibt, Freund, der ist
Mir über alle Maßen lieb.
VOM SCHEIN UND SEIN
1.
Der Leib, der Stoff - auch dies erkenn'! -
Wird Erdenwelt und Lebensstatt genannt.
Der sie durchdringt, bewegt, beherrscht,
Das ist der Geist, der
Lebensgeist.
(=Weisheitsgeist)
2.
Der Lebensgeist in jedem Leib,
In allen Welten, wiss', bin ich.
Wer mich in sich erkennt, der ist
Ein Weiser und des Stoffes Herr.
3.
Von welcher Art die Lebenswelt,
Welch' Wandel sie auch untertan,
Auch was des Geistes Art und Macht,
Vernimm als Nächstes nun von mir:
4.
In mannigfachen Hymnen sang
Es einst der weisen Seher Mund;
Jeder auf seine Art es offenbart
In Worten, tiefer Weisheit voll.
5.
Die Elemente und das Ich,
Das Zielstreben, die Lebenskraft,
Der Sinne Schar und das Gemüt,
Die Eigenschaften der Natur.
6.
Hass und Anhaften, Lust, Schmerz, Stofflichkeit,
Denkfähigkeit und das Beharren -
Sie bilden all' des Geist's Gefäß,
Das ew'gem Wechsel unterliegt.
7.
Bescheidenheit, Aufrichtigkeit,
Rücksicht, Geduld, Rechtschaffenheit,
Reinheit, Ehrfurcht vor Weisen auch;
Beständigkeit, Selbstzügelung,
8.
Selbstlosigkeit und angesichts
Der Sinnenwelt Gelassenheit,
Rechtes Erkennen, wie Geburt,
Tod, Alter, Krankheit Leid gebär'n;
9.
Von Welthaft frei, vom Klammern auch
An Weib und Kind, an Haus und Hof;
Beständige Gleichmütigkeit !
Bei jedem Schicksal, gut und bös',
10.
Unwandelbar Lieb' zu mir,
Vollkomm'ne Hingebung an mich,
Das Weilen in der Stille auch,
Dem Lärm und Massen-Treiben fern;
11.
Streben nach All-Erkenntnis und
Nach gott-entsprung'ner Wahrheits-Schau-
All dies ist wahre Weisheit, Freund.
Was anders, ist Unwissenheit
12.
Der Weisheit Höchstes nun erkenn',
Das Dir Unsterblichkeit verleiht:
Ohn' Anfang ist der Lebensgeist, *)
Der weder Sein noch Nicht-Sein ist.
13.
Allhin erstreckt sich seine Macht,
Allsichtig ist sein Aug', er hört
Jedes Gedankens leises Raunen,
In allem ist sein Will' am Werk.
14.
Ihm eignet aller Sinne Kraft,
Doch bleibt er frei von Sinnen-Haft;
Bürdelos, trägt er das All,
Formlos, erfüllt er jede Form.
15.
In allem, und doch all-entrückt,
Alles bewegend, selbst in Ruh´,
All-sehend, seiber unsichtbar;
Unendlich fern und nah zugleich.
16.
Unteilbar, weilt in allem er,
Als wär' er unendlich geteilt;
All' Wesen trägt er; lässt sie all'
Entwerden und aufs neu' entsteh'n.
17.
Er wird der Lichter Licht genannt,
Das alle Finsternis zerstreut,
Und weilt in jedes Wesens Herz,
Vom selbsterwachten Selbst erkannt.
18.
Dies ist, was von der Wandelwelt
Und von dem Geist Du wissen musst,
Begreifst Du es, mir zugewandt,
Kehrst Du, seins-kundig, zu mir heim.
19.
Natur und Geist** - erkenn' auch dies!
Sind beide ohne Anfang, Freund.
Der Dinge Eigenschaften und lhr Wandel sind natur-bedingt.
20.
Natur bewirkt des Leibes Tun
Und aller Sinne Tätigkeit,'
Der Geist ursacht Empfindungen
Von gut und schlecht, von Lust und Leid.
21.
Vereint der Geist sich der Natur,
Schmeckt ihre Eigenschaften er,
Dies Haften an der Sinnenspur
Ist Quellgrund steter Wiederkehr.
22.
Den Zuschauer und Zulasser;
Den Helfer; Spieler, Lenker auch,
Das höhere Selbst, des Leibes Herrn,
Nennt man den inn'ren Lebensgeist.
23.
Wer so den Geist und die Natur
Mitsamt den Eigenschaften kennt,
Erleidet keine Neugeburt,
Wie immer auch sein Leben war.
24.
Durch Selbst- Versenkung mancher schaut'
In sich den Geist, das höh're Sein,
So sich durch rechtes Denken baut,
Und rechtes Tun den Weg allein.
25.
Mancher auch, der ihn nicht kennt,
Hat doch vom Innengott gehört;
Auch er hat schon den Tod besiegt,
Wenn er ihm gläubig sich ergibt.
26.
Ein jedes Wesen, das entsteht,
Beweglich oder unbewegt,
Das wird aus der Vereinigung
Von Leib und Selbst, von Stoff und Geist.
27.
Wer in den Lebewesen all
Den gleichen Lebensgeist erkennt,
Der; wenn sie sterben, nicht vergeht,
Der hat die Wahrheit recht erkannt.
28.
Denn wer den Lebensgeist begreift
Als den, der allem innewohnt,
Schmäht nicht sein Selbst im ander'n Selbst,
Und wandelt so den Pfad zur Höh'.
29.
Und wer die Werke überall,
Klar als natur-gewirkt durchschaut,
Sein Selbst dabei als handlungsfrei
Erschaut, der nur hat recht erkannt!
30.
Wer aller Wesen Einzel-Sein
Im einen AIl-Sein wurzeln sieht,
Aus dem die Welt entfaltet ist,
Der eint dem höchsten Sein sich nur allein.
31.
Der wahre inn're Lebensgeist
Ohn' Anfang, ohne Eigenschaft,
Wird, wenn er auch im Körper wohnt,
Nichthandelnd durch kein Tun befleckt.
32.
Gleichwie der Äther Kraft alles umhüllt
Und doch durch nichts verändert wird,
So wird der Geist auch nicht befleckt,
Der jedem Körper innewohnt.
33.
Sowie der Sonn' beglückend Licht,
Ihr ganzes Reich durchstrahlt, erhellt,
So wird des Leibes Reich vom Licht
Des Lebensgeistes ganz erfüllt.
34.
Wer klar den Unterschied erkannt'
Von Leib und Selbst, von Stoff und Geist,
Und zur Natur-Enthaftung fand,
Der schwingt zum Ewigen sich auf.
VON DEN DREI EIGENSCHAFTEN
DES LEBENDIGEN
1.
Noch weiter will ich künden Dir
Das höchste Wissen, das es gibt,
Durch das geführt, der Weisen Schar
Höchste Vollkommenheit erreicht.
2.
Durch dieses Wissen all-erwacht,
Wurden mit mir sie wesens-eins;
Selbst Welten-Morgen, Welten-Nacht
Bringt ihnen nicht Entsteh'n, Vergeh'n.
3.
Der Allgeist ist der Lebensquell,
- In den der Wesen Keim' ich leg',
Aus welchem,
Der Geschöpfe Schar entströmt.
4.
Was in den Welten allesamt
Jedwedem Mutterschoß entspringt,
Entstand aus meinem Samen doch
Im Urgrund meines Weltengeistes.
5.
Die drei Merkmale der Natur;
Bewusstsein, Anhaftung und Dunkelheit,
Sie fesseln an den Leib, die Welt,
Den Geist, den unvergänglichen.
6.
Bewusstes Sein, das rein, vom Leid befreit
Und leuchtend scheint, bindet den Geist
Durch Jagen nach dem Selbst-Genuss,
Durch Neugier und durch Wissens-Drang.
Z
Anhaftung ist voll Leidenschaft,
Wirkt Gier, Verlangen, Daseins-Durst,
Und bannt den Geist durch Taten-Lust
Und durch Besitz-Besessenheit.
8.
Nicht- Wissen Dunkelheit gebiert,
Die jeden Geist verwirrt und täuscht,
Sie bindet durch Gleichgültigkeit,
Durch Trägheit, Stumpfheit, Geistesstarre.
9.
Bewusstsein lockt zum Glück-Genuss,
Die Anhaftung zum Taten-Rausch,
Die Dunkelheit zur Torheit führt,
Da sie der Weisheit Pfad verbirgt.
10.
Sind zwei von diesen drei'n besiegt,
So tritt die Dritte stark hervor,'
Nie bleibt, solang' im Leib er wirkt,
Der Geist von allen dreien frei.
11.
Wenn von des Wissens hellem Licht
Die Sinne all' erleuchtet sind.
Dann ist Bewusstsein auch in Dir
Zur Vorherrschaft herangereift
12.
Wenn Habsucht, Gier, Geschäftigkeit,
Genusssucht und Ruhlosigkeit
Den Geist verwirr'n, dann liegt
Anhaftung vor im Menschenleben.
13.
Wenn Nicht-Erkenntnis, Lässigkeit,
Faulheit, Stumpfheit und Unverstand
Sich breitgemacht, dann herrscht in Dir
Mit aller Macht die Dunkelheit.
14.
Hat das Bewusstsein Oberhand,
Dann geht der Mensch, im Tode, ein
In jener hohen Sphären Reich,
Wo ewig strahlt der Weisheit Licht.
15.
Stirbt aber er mit Anhaftung,
Kehrt er zur Wandelwelt zurück.
Stirbt er in Dunkelheit, trifft ihn
Das gleiche Los - doch weitaus leiderfüllter noch.
16.
Gut, recht getan und fleckenlos -
So nennt man des Bewusstseins Frucht,'
Die Frucht der Anhaftung ist Leid,
Der Dunkelheit: Unwissenheit.
17.
Aus dem Bewusstsein Weisheit wächst,
Aus Anhaftung entspringt Begier;
Aus Dunkelheit Torheit entstammt,
Nachlässigkeit und Unverstand.
18.
Lichtwärts steigt der, der schon an Wissen reich,
Anhaftung hält gefangen ihn,
Doch Dunkelheit führt abgrundwärts
In nied're Welten voller Weh.
19.
Hast Du erkannt, dass diese drei
Allein der Taten Wirker sind,
Erkannt auch, was darüber steht,
Den Lebensgeist - dann bist Du frei.
20.
Wer diese Drei-Kraft überwand,
Die allen Körpern eigen ist,
Erlangt, frei von Geburt und Tod,
Altern und Schmerz, Unsterblichkeit.
21.
Wer Wissen und Geschäftigkeit
Wie Torheit auch - die Frucht' der drei -
Wenn sie sich zeigen, weder hasst
Noch, wenn sie schwinden, sehnt herbei;
22.
Wer wie ein Fremder ihnen naht,
Gleichmütig bleibt und unbewegt
Und, stille-haltend, sieht und denkt:
,Sie folgen dem Natur-Gesetz';
23.
Wer gleich sich bleibt in Freud' und Leid,
Gleichgütig Liebem, Ungeliebtem,
Gleich achtend Scholle, Stein und Gold,
Erhaben über Tadel, Lob
24.
Wen Schmach wie Ruhm gelassen lässt,
Gleichfreundlich HeIfer; Hinderer,
Wem Tun, Nicht-Tun wie eines gilt-
Der ward der Drei-Kraft Meister.
25.
Wer sich ganz in mein Sein versenkt
Und, mir vertrauend, mich verehrt,
Besiegt der Eigenschaften Macht
Und hat an meinem Werke teil.
26.
Ich bin des Ew'gen Fundament,
Des Lebensgeistes Ur-Heimat,
Der Harmonie, AlI-Ordnung und
Des Glück's der AlI-Entwordenheit.
VON DER ERLANGUNG
DES HÖCHSTEN SEINS
1.
Unendlich ist der Lebens-Baum,
Allhin verwurzelt, alI-verzweigt,
Loblied des Daseins jedes Blatt.
Der Weise hört sein Rauschen wohl.
2.
Aufwärts, abwärts strebt jeder Zweig,
Dem die Drei-Kraft den Wuchstrieb schenkt.
Die Wurzeln treibt es erdenwärts
Zum Haften in der Menschen Wert.
3.
Unerkannt ist noch der Lebens-Baum
Wie auch sein Ursprung, End' und Dauer.
Doch wer gelassen, haftens-frei,
Sein Herz von dessen Wurzeln löst.
4.
Der schwingt sich auf zum höchsten Sein,
Von dem kein Wand'rer wiederkehrt-
Zum Urquell alIen Seins, aus dem
Der Strom des Lebens ewig fließt.
5.
Vom Ich- Wahn wie vom Irrtum frei,
Des Haftens ledig, gott-geeint,
Von Lust-Schmerz-Wirrnis losgelöst,
Kehrt er zum Ewigen zurück
6.
Kein Erdenlicht mehr leuchtet dort,
Kein Mond, kein trüb vergänglich Schein -
Im Urlicht-Reich des Ewigen,
Das meine Heimat ist.
7.
Der ew'ge Geist, Teil meines Seins,
Der in der Welt verkörpert lebt,
Hält die natur-gebor'ne Schar
Der Leibessinn in seiner Macht.
8.
Wann immer einen Leib beseelt
Der Geist, und wenn er ihn verlässt,
Nimmt er der Sinne Kräfte mit,
Gleichwie der Wind der Blüten Duft.
9.
Gehör; Gesicht, Gefühl, Geschmack,
Geruch wie auch des Denkens Kraft
Beherrscht der Geist und nimmt durch sie
Teil am Genuss der Sinnenwelt.
10.
Ob er den Leib verlässt, ob er;
Drei-Kraft-begabt, im Leib sich regt-
Die Blinden seh 'n sein Dasein nicht,
Nur die Erwachten schauen ihn.
11.
Der Weise, der nach innen blickt,
Schaut Gottes-Geist, der in ihm weilt,
Doch Toren, Unvollendete
Seh'n ihn trotz alIen Mühens nicht.
12.
In Jeder Sonne gold'nem Glanz,
In jedes Mondes Silberlicht
In jedem Feuer; das entflammt-
In ihnen allen strahlt mein Licht.
13.
Die Erd' durchdringend, spende ich
Den Wesen all von meiner Kraft,
Die Pflanzen lasse ich gedeih'n,
Bin Lebensträger ihres Saft's.
14.
Als Lebenswärme auch durchdring'
Ich aller Lebewesen Leib;
Ich bin's, der atmen sie, verdau'n,
Werden, wachsen und gesunden lässt.
15.
Ich wohn' in eines jeden Herz,
Wirk Wissen, Denken und Erinnern.
Der heil'gen Schriften Gegenstand
Bin ich und ihr Urheber auch.
16.
Zwei Geister gibt´s, der eine ist
Geteilt, der andere ungeteilt;***)
Das Gott-Selbst wirkt in jedem Sein,
Die Gottheit bleibt unoffenbar.***)
17
Mächtigster ist der Weltengeist -
Er wird das höchste Sein genannt,
Sein Will' durchdringt die Welten all'
Und trägt sie, allen Lebens Herr.
18.
Weil über allem Teilbaren,
Ich ganz allein der Geist des Lebens bin,
Drum rühmt die Welt mich und die Schrift
Als den Ur-Geist, den höchsten Gott.
19.
Wer so, von Nicht-Erkenntnis frei,
In mir das höchste Sein gewahrt,
Der ist der Weisheit Eigentümer,
Und weiht sein Herz und Sein ganz mir.
20.
Heiligste Weisheit ist's, was ich
Dir offenbart', des Einen Preis,'
Vollendet ist, ans Ziel gelangt,
Wer sie erfasst.
VON FESSELUNG UND FREIHEIT
1.
Furchtlosigkeit und Lauterkeit,
Im Weisheitsstreben Stetigkeit,
Opfer, Selbstzucht Freigebigkeit,
Gott-Suche, Güte, Redlichkeit,
2.
Liebe, 'Sanftmut, Wahrhaftigkeit,
Gleichmut, Geduld, Barmherzigkeit,
Mitleid, Begierdenlosigkeit,
Reinheit, Milde und Festigkeit.
3.
Rücksicht, Kraft und Entschlossenheit,
Ruh', Mäßigkeit, Bescheidenheit-
Wem diese eignen, der steigt auf
Im Tod' zu himmlischer Geburt.
4.
Zorn, Hochmut, Rohheit, Eitelkeit,
Unwissenheit und Heuchele-
Der, dem sie eigen, sinkt hinab
Im Tod' zu niederer Geburt.
5.
Zwiefach ist aller Wesen Art,
Teils göttlich, teils nied'rer Natur.
Die göttliche beschrieb ich Dir,
Hör' nun vom Los der niederen.
6.
Die Unerwachten wissen nicht,
Was Recht-Tun und was Nicht-Tun ist;
Wahrheit, Klugheit und Lauterkeit
Ist diesen Sklavenseelen fremd.
7.
Die Welt ist ohne Sinn und Herrn
Und ohn' Bestand - so wähnen sie -,
Willkür-entsprungen, ordnungslos
Zum Gier'n nur und Genießen da.
8.
In diesem Irrtum festgerannt,
Törichten Sinn's, unreinen Geist's,
Frönen sie jeder Schändlichkeit,
Verderbend so die ganze Welt.
9.
Voll unstillbarer Gier erfüllt,
Voll Trug, Prahlsucht und Übermut,
Führ'n ein gottloses Leben sie,
Nur Freveltaten zugewandt.
10.
Ihr Woll'n und Trachten kennt kein Maß,
Denn Höh'res gibt es nicht als dies
Und mit dem Tod ist alles aus -
So denken sie, genuss-versklavt.
11.
Von hundert Hoffnungen verführt,
Habsucht-besessen, gier-gejagt,
Häufen sie, lusttoll, schicksalsblind,
Unrecht erworb'ne Schätze auf.
12.
Dies hab' ich heute schon erreicht,
Und der Gewinn steht mir bevor;
Jetzt hab ich so viel, morgen fällt
Mir jenes sicherlich noch zu.
13.
Heute bezwang ich diesen Feind,
Morgen vernicht' ich andere,'
Ich bin der Herr, dem alle beugen sich;
Erfolg, Glück, Kraft, Genuss ist mein.
14.
Reich bin ich und von edler Art,
Wer wär' wohl ebenbürtig mir,
Wer tut es mir im Opfern gleich
Und im Genuss- so denkt der Tor.
15.
Von solch Gedanken ganz erfüllt,
Irrtum-verhaftet, der Begierden Sklav'
Sinkt er im Tod hinab
Zu nied'rer, leidvoller Geburt.
16.
Nur sich vergötternd und ihr Geld,
So stolz wie blind, hochmut-geschwellt,
Bringen sie heuchelnd Opfer dar,
Die wahrhaft keine Opfer sind.
17:
Voll Ichsucht, Rohheit, Stolz, Begier,
Leidenschaft, Missgunst, Lastersucht-
So schmäh'n sie mich, den Gott, der doch
In ihnen und den andern lebt.
18.
Hassvoll von Geiz erfüllt,
Zerrbilder wahren Menschentums
Stürzen im Kreislauf der Geburt
In immer tief´res Sein hinab,
19.
Schreiten sie, niederster Geburt,
Als Toren fort von Sein zu Sein,
Dann, gänzlich von mir abgewandt,
Sinken ins Tier-Sein sie hinab.
20.
Dreifach geöffnet ist das Tor zur Unterwelt,
Durch das die Seele abwärts stürzt:
Habsucht und Zorn und Sinnengier,
Drum meide diese Dreiheit man!
21.
Wer sich von dem dreifachen Tor
Der Finsternis stets ferne hält, der wirkt
Auf Erden schon sein Heil und steigt -
Dereinst zum höchsten Sein empor.
22.
Doch wer nach eig'ner Willkür lebt,
Der Gottheit All-Gesetz missachtend,
Dem bleiben unerreichbar Glück,
Vollkommenheit und höchstes Sein.
VOM DREIFACHEN GLAUBEN
1.
Dreifach der Menschen Glaube ist:
Je nach der Eigenschaft, die herrscht,
Kann er licht, wahr, durchgeistigt sein,
Anhaftend oder irrtumsvoll.
2.
Der Eigenschaft, die ihn beherrscht,
Gleicht jedes Wesens Glaube.
Was einer glaubt, liebt und verehrt,
Das denkt, das wird und wirkt er auch.
3.
Die Götter ehrt der Wissende,
Dämonen dient der Haftende,
Niedersten Geistern dient der Tor,
Der jedem Einfluß offen steht.
4.
Wer; gegen jedes Seins-Gesetz,
Sich qualvoll' Bußen auferlegt,
Von Lustgier; Heuchelsucht und Trotz,
Ichsucht und frommem Wahn verführt,
5.
Und sinnlos seinen Leib kasteit,
Peinigt und quält - und damit mich,
Der in ihm wohnt, verkennt und krankt - ,
Der ist vom Ungeist der Damonen voll.
6.
Selbst an der Speisen Eigenart,
Die einer liebt und auch daran,
Wie einer opfert, büßt und schenkt,
Erkennst Du diesen Unterschied.
7.
Die Lebenskraft, Gesundheit, Glück,
Freude und Tüchtigkeit ihm mehrt,
Die, schmackhaft, mild, erquickt und nährt -
Die Speise liebt der Wissende.
8.
Die scharf, heiß, sauer, kratzend ist,
Die brennend, salzig, bitter schmeckt -
Die Speise liebt der Haftende,
Schafft sie auch Schmerz, Leid, Krankheit ihm.
9.
Die ohne Saft, Kraft und Geschmack,
Unrein und abgestanden ist,
Die ührig blieb von and'rer Mahl
Und fault - die Speise liebt der Tor.
10.
Wer opfert, wie es sich gehört,
Nicht nach des Opfers Frucht begehrt,
Weil's Opfer Dank an Gott ihm ist,
Tut recht und ist ein Wissender.
11.
Wer Opfer bringt aus Heuchelei,
Himmlischen Lohn davon erhofft,
Der ist ein Haftender. Sein Tun
Ist eitel, unrein, fruchtlos auch.
12.
Wer opfert ohne Sinn und Geist,
Nichts vom Gesetz des Opfers weiß
Und glaubenslos sein Opfer bringt,
Der ist ein geistesblinder Tor.
13.
Wer Gott, Weise und Lehrer ehrt,
Um Reinheit Güte Rechtlichkeit
Und Gott-Hingabe sich bemüht,
Der übt des Leibes Buße recht.
14.
Wess' Rede ohne Heftigkeit,
Wahrhaftig und voll Gütigkeit,
Wer nicht das Dank-Gebet vergisst,
Der übt des Wortes Buße recht.
15.
Wer stets heiter'n Gemütes bleibt,
Wohlwollend, schweigsam, selbstbeherrscht,
Seine Gesinnung rein erhält,
Der übt des Herzens Buße recht.
16.
Wer die dreifache Buße übt
Mit vollkommener Gläubigkeit,
Gott-hingegeben, Lohngier-frei,
Der ist ein Wissender fürwahr.
17.
Doch wer sie nur aus Ehrsucht übt,
Aus Ruhmgier oder Heuchelei,
Der ist ein Haftender. Ohn' Halt,
Unfruchtbar, ziellos ist sein Tun.
18.
Doch wer sie nur aus Aberglauben übt,
In närrischer Selbstquälerei,
Oder gar anderen in seinem Wahn
Noch Schaden zufügt, ist ein Tor.
19.
Wer hilft, weil rein sein Herz ihn drängt,
Und gibt, nicht denkend an Vergeltung je ,
Zur rechten Zeit und Statt, der ist
Ein Wissender und handelt recht.
20.
Doch wer dabei der Gaben Frucht
Bedenkt, nach Gegendiensten späht,
Und auch, wer widerwillig gibt
Und ungern, ist ein Haftender.
21.
Wer, schicksals-blind, Unwürd'gen gibt,
Zur Unzeit, am unrechten Ort,
Gedankenlos, geringschätzig
Und schlecht gelaunt, der ist ein Tor.
22.
Dreifach der Gottheit heil'ger Nam'
Ist: Gott! Du bist! Das Seiende!
Dreifach auch, was daraus entspringt:
Die Weisen, Opfer; Dank-Gebet.
23.
GOTT - diesem heil'gen Worte weih 'n
Zuerst ihr Opfer und ihr Werk
Die Weisen, auch ihr Dank-Gebet
Beginnt stets mit dem Worte GOTT.
24.
Du bist! - mit diesem Worte weih'n
Ihr Woll'n und Tun dem Innengott
Die nach Erlösung Strebenden
Die sich vom Ich- Wahn frei gemacht.
25.
Das Seiende! - so nennen sie
Das Wahre, Gute, Göttliche,
Das Wirkliche im rechten Werk,
Das Wirkende, das Bleibende.
26.
Das Ewige im Opfer auch,
Der Herzensdrang im Guttun und
Die gottgläubig erfüllte Tat
Sind Eingebung des Seienden.
27.
Was nicht dem Innengott geweiht,
Sei's Opfer, Spende, Buße, Tat,
Das wird Nicht-Seiendes genannt,
Weil's hier nichts gilt und jenseits nichts.
VON DER ERLÖSUNG DURCH
SELBST- VOLLENDUNG
1.
Entsagt man alIen Wünschen und Begierden,
So heißt dies Nicht- Tun, Lassen auch,'
Verzicht auf Taten-Frucht und Lohn
Heißt Nicht-Anhaften, Ruhm- Verzicht.
2.
Das Nicht- Tun fordern einige,
Weil Menschenwerk nur Torheit sei,
And're fordern Nicht-Anhaften
Beim Opfern, Helfen, Bußetun.
3.
Das Opfern, Helfen, Bußetun -
Sie meide nicht, nein, übe sie,
Denn Opfern, Helfen, Rechttun auch ,
Dienen des Weisen Läuterung.
4.
Doch ohne Haften übe sie, aus Liebe nur
In selbstverständlichem Verzicht
Auf ihrer Früchte Lohn!
Dann handelst recht Du.
5.
Verzicht auf die notwend'ge Tat,
Die Pflicht gebietet, ziemt sich nicht,
Wer aus Unwissenheit sie läßt,
Oder aus Trägheit, ist ein Tor.
6.
Wer auf die Tat verzichtet, weil
Die Müh " die Aufgabe ihn schreckt,
Der ist ein Haftender. ihm bleibt das Glück,
Das nur Gelassenheit ihm schenkt, versagt.
7.
Wer die notwend'ge Tat vollzieht,
Weil's ihm die Pfiicht gebietet, und
Gierfrei, verzichtet auf Erfolg,
Tut recht und ist ein Wissender.
8.
Wer unerfreulich Werk nicht scheut
Und am erfolgreichen nicht hängt,
Verzichtet recht, ist einsichtsvoll,
Von Zweifeln frei und weisheitsvoll.
9.
Nicht kann, wer noch im Körper weilt
Dem Nicht-Tun, Lassen, ganz sich weih'n,
Doch wer des Wirkens Frucht entsagt,
Den rühm' ich als Nicht-Haftenden.
10.
Der Werke Frucht im künft'gen Sein
Erwünschte, unerwünschte und
Gemischte - erntet der Haftende,
Nicht aber, wer von Haft-Sucht frei.
11.
Erlerne nun von mir
Der Elemente Fünfzahl, die,
Wie auch die Alten schon gelehrt,
Der Werk-Entstehung Ursach' sind.
12.
Der Leib und das handelnde Ich,
Der Sinne und Organe Schar;
Weiter das zielstrebige Tun,
Und auch das Schicksal, über das ich herrsch'.
13.
Welch Werk mit Körper; Wort, Gedank'
Ein Mensch auch immer unternimmt,
Sei's richtig oder sei's verkehrt-
Die fünf Ursachen wirken mit.
14.
Wer drum, erkenntnis-blind, nur sich
Für des Geschaff'nen Ursach' hält
Und die vier ander'n übersieht,
Der sieht nicht recht und ist ein Tor.
15.
Kenntnis, Erkanntes und Erkenner-
Die drei bestimmen je des Werk.
Werkzeug, Handlung und Wirker auch
Bilden den Inbegriff des Werks.
16.
Erkenntnis, Werk und Wirker sind
Wiederum dreifach unterteilt
Gemäß der Dreiheit Eigenschaft.
Vernimm nun, wie sich dies verhalt.
17:
Die in den Wesen allzumal
Die eine Wesenheit erkennt,
Die ew'ge ganz und ungeteilt-
Diese Erkenntnis nur ist wesenhaft.
18.
Doch die, alleinheits-blind, getrennt
Vom andern jedes Wesen wähnt -
Diese Erkenntnis, die ist schein-versklavt,.
Am Trug der Vielfalt haftet sie.
19.
Doch die an ein Ding nur sich hängt,
Als wär's die ganze Welt, ohn' Grund,
Wirklichkeits-blind, töricht, beschränkt-
Die nenne Nicht-Erkenntnis ich.
20.
Das Werk, das pflicht-gemäß, ohn' Hang
Ohn' Haft, ohn' Haften ward vollbracht
Von einem, der Werkfrucht- Verzicht
Geübt - das Werk ist wesenhaft.
21.
Doch das, geboren aus Begier,
Verlangen, Habsucht, Leidenschaft,
In Hast und mit viel Müh' vollbracht' -
Das ist ein schein-verhaftet Werk.
22.
Das ohne Rucksicht auf die Kraft,
Auf Folgen, Schäden, Fremd-Verlust,
Dumm-blindlings unternommen ward -
Das nenne ich ein töricht Werk.
23.
Der, ohne Prahl- und Haftens-Sucht,
Mit Stetigkeit und Kraft begabt,
Gleich bleibt bei Glück und Misserfolg -
Der Wirker ist ein Wissender.
24.
Der habsüchtig, gewissenlos
And're beraubend, gierig rafft,
Bald übermütig, bald betrübt -
Der Wirker ist ein Haftender.
25.
Der, ungeschickt, frech und gemein,
Heimtückisch, hinterlistig, faul,
Feige und stets misslaunig ist -
Der Wirker ist ein armer Tor.
26.
Wer aus Einsicht und Stetigkeit
Erscheinungs-Formen nun erkennt,
Die gieichfalls dreifach sind!
Erfasst auch hier den Unterschied.
27.
Die Tun und Lassen recht begreift,
Gefährlichkeit und Sicherheit
Und, was die Seel' bindet und löst -
Die Einsicht nenn' ich wesenhaft.
28.
Die unvollkommen nur erkennt,
Was Recht und das, was Unrecht ist,
Was man zu tun, was man zu lassen hat -
Die Einsicht nenn' ich schein-versklavt.
29.
Die Unrecht hält für Recht
Und weisheitslos
All' Ding verzerrt, verkehrt ansieht-
Die heiß' ich Einsichtslosigkeit
30.
Die Atem, Sinne, Herz und Werk
Weise einwärts-gerichtet hält
Des Menschen Gott-Einheit bewacht-
Die Stetigkeit ist wesenhaft.
31.
Die Anhaftung, mit der der Mensch,
Hängend an seiner Werke Frucht,
Festhält, was nützlich, angenehm
Und gut - die nenn' ich schein-versklavt.
32.
Die aber Schlaf, Kummer und Furcht,
Kleinmut und Unbesonnenheit
Und Sorgsucht nicht kann fahren lassen -
Die Wesensart ist töricht, dumm.
33.
Dreifach ist ferner auch das Glück.
Vernimm von ihm nun,
Das sich seiner Werke freut,
Wenn es der Mühe End' erreicht.
34.
Was anfangs galle-bitter schmeckt,
Doch, wenn vollbracht, dem Nektar gleicht -
Ein solches Glück ist wesenhaft,
Aus Seins-Glückseligkeit gebor'n.
35.
Das Glück, das, anfangs nektar-gleich,
Am Ende sich als Leid enthüllt,
Geboren aus der Sinnen-Haft-
Das Glück ist schein-versklavt.
36.
Das Glück, das gleich und späterhin
Die Sinne und die Seel' betört,
Aus Trägheit, Wahn und Schlaf gebor'n -
Das Glück ist finsternis-versklavt.
37:
Auf Erden wie im Himmel gibt's
Kein Sein, selbst in der Götterwelt,
Das von der Dreiheit Eigenschaft
Des Lebens völlig frei schon wär'.
38. .
Was jeder Stand auf Erden wirkt,
Richtet sich nach der Eigenschaft,
Die in den Menschen vorherrscht, die
Den Einzel-Ständen angehör'n.
39.
Selbstzucht, Buße, Gelassenheit,
Reinheit, Geduld und Redlichkeit,
Erkenntnis und auch Gläubigkeit
Sind Priester und der Weisen Pflicht.
40.
Dem Nährstand wie dem Handelsstand,
Dem Lehrstand und Arbeiterstand -
Den Schaffenden allüberall
Ist gegenseit'ge Hilfe Pflicht.
41.
Doch welchen Stand's auch einer sei -
Wenn treu er seine Pflicht erfüllt,
Erlangt er die Vollkommenheit.
Hör' nun von mir; wie dies geschieht.
42.
Wer durch sein Werk bewusst den ehrt,
Der einst die Wesen werden ließ
Und dessen Kraft die Welten trägt,
Der hat Vollendung hier erreicht.
43.
Wohl dem, der treu sich selber bleibt,
Der eig'nen Pflicht, nicht fremder folgt!
Wer, was die eig'ne Pflicht verlangt,
Getreu erfüllt, bleibt frei von Schuld.
44.
Wess' Wille frei von Haft-Sucht ist,
Wer, neigungslos, nichts mehr begehrt,
Und wer im Lassen Meister ward,
Gelangt zur All- Vollkommenheit.
45.
Wie, zur Vollkommenheit gelangt,
Der Mensch dem Ewigen sich eint,
Das künde ich, Tapferer, Dir jetzt
Als allen Strebens höchstes Ziel.
46.
Wer, reinen Herzens, sich mir weiht,
Mit Festigkeit sich selbst beherrscht,
Der Sinne Lockung nicht mehr folgt,
Von Hang und Hass gleich weit entfernt.
47.
Wer häufig in der Stille weilt,
Sinne, Wort und Leib beherrscht,
Ganz in sein höh'res Selbst versenkt
Von allem Äuß'ren unberührt.
48.
Wer Ichsucht, Rohheit, Leidenschaft
Hochmut und Habsucht abgestreift,
Wer selbstlos und gelassen ward -
Der eint sich dem Unendlichen.
49.
All-eins geworden, friedevoll,
Betrauert und begehrt er nichts,
Und allen Wesen zugetan,
Weiht er sich liebend meinem Sein.
50.
Sich hingebend, erkennt er mich
In meiner All-Kraft-Wesenheit.
Hat er mein wirklich Sein erkannt,
Wird er vollkommen mit mir eins. -
51.
Auch wer in seinem Kreise wirkt,
Doch mich stets durch sich wirken lässt,
Der lebt aus meiner Kraft und kehrt
Im Tode heim ins höchste Sein.
52.
Drum lasse mich nur durch Dich wirken,
Eine mit meinem Willen Dich,
Und richt' in restlosem Vertrauen
Dein Denken und Dein Herz nach mir!
53.
In jeglicher Gefahr bin ich
Dein Helfer; glaubst Du nur an mich.
Doch wenn Du, allzu ich-bewusst,
Mein Wort nicht hörst, gehst Du zugrund´.
54.
Dich bindet selbst-bestimmte Pflicht,
Dich treibt die eingebor'ne Art
Tust, gegen Deinen Willen auch
Das, was zu meiden Du versuchst. -
55.
Im Herzen jedes Wesens weilt
Der Geist des Lebens. - In sich ruhend,
Lenkt er der Wesen Wege all'
Im Wirbelkreis der Maya- Welt.
56.
Zu ihm nimm Deine Zuflucht ganz,
Gib Dich vollkommen seinem Willen hin!
Mit ihm vereint, wird Dir zuteil
Gelassenheit und höchstes Heil!
57.
So ward Dir nun von mir geschenkt
Der heil'gen Weisheit höchster Schatz
Bedenke wohl, was Du gehört,
Und tu', was Dir als Recht erscheint!
58.
Doch noch ein letztes Wort vernimm!
Befreiende Erkenntnis birgt's.
Du bist mir über alles lieb,
Drum weis' ich Dir den Weg zum Heil.
59.
Lieb' mich nur, sei stets mein bewusst,
Opf're nur mir, neig' mir Dich zu,
Dann wirst Du, das versprech' ich Dir
Mit meinem Sein, Geliebter, eins!
60.
Gib jeden nied'ren Glauben auf
Und suche nur in mir Dein Heil;
Von Schuld und Leid erlös' ich Dich
Dann gänzlich, sei nie mehr besorgt!
61.
Doch bleibt mein Wort unoffenbar
Dem, der ohn' Ehrfurcht, glaubenslos,
Dem, der mir abgewandt verharrt
Und meinem Ruf sein Herz verschließt.
62.
Wer meiner Kündung Trost jedoch
Den Licht- und Gottes-Suchern bringt
Und mir sein Woll'n und Wirken weiht,
Der kehrt gewisslich heim zu mir.
63.
Keiner tut Lieb'res mir als wer
Suchenden kündet meine Lehr';
Kein and'rer auf dem Erdenkreise
Dient besser mir auf seiner Lebensreise.
64.
Wer unser heil'ges Zwiegespräch
Mit Andacht liest, mein eingedenk,
Der, opfernd mir sein Herz, sein Selbst,
Entzündet der Erkenntnis Licht.
65.
Selbst dem, der's nur von andern hört,
Doch gläubig ihm sein Herz aufschließt,
Selbst dem wird, als Erlöstem, noch
Das Glück der Seligkeit zuteil.
66.
Du hast mit wachem Geist und Sinn
Der Wahrheit Worte nun gehört?
Und wich der Nicht-Erkenntnis Nacht,
Die Dir den Weg verhüllt, dem Tag?
Sanjaya berichtet:
67:
So hab' ich dies Gespräch gehört,
Das mich zutiefst beglückende,
Zwischen Krishna, dem höchsten Herrn
Und Ardjuna, dem Heldenfürst.
68.
Durch Vyasas Gunst vernahm ich sie,
Des Einen heil'ge Weisheits-Lehr',
Die Krishna, der Allein'ge selbst,
Dem edlen Ardjuna erklärt',
69.
So oft, o König, dies Gespräch
Vor meinem Geiste aufersteht,
Ist meine Seel' des Jubels voll
Und voller Seligkeit mein Herz.
70.
So oft ich mich erinnere
An Krishnas göttlich Lichtgestalt,
Verstummt mein Mund vor Andacht still
Und schweigend vor Glückseligkeit.
71.
Wo Krishna, der Erlöser, wirkt
Und sich im Menschen offenbart,
Da weilen Glück, Sieg, Kraft und Heil,
So glaub' ich, unerschütterlich!
Kommentar von K.O. Schmidt:
DIE TAT-LEHRE DER BHAGAVAD GITA
"Wißt Ihr, wieviel Macht, Kraft und Größe in Euch verborgen liegt? Millionen von Jahren sind vergangen, seitdem der Mensch auf diesem Planeten erschien, und doch hat er erst einen unendlich kleinen Teil seiner wirklichen Macht zur Offenbarung gebracht. Wer den Menschen klein und schwach wähnt, irrt. Kennst Du schon alles, was in Dir steckt? In Dir ist der Ozean unbegrenzter Kraft und Glückseligkeit; in Dir lebt der Weltengeist, dessen inneres Wort das einzige ist, auf das Du horchen und dem Du gehorchen solItest.
Erkenne, wer Du in Wirklichkeit bist: die geburtlose, keinem Tode unterworfene, allwissende, unvergängliche - Seele! Erinnere Dich dieser Wahrheit Tag und Nacht, bis sie ein lebendiger Bestandteil Deines Wesens und Lebens geworden ist und Dein Denken und Tun bestimmt, verwandelt, vergöttlicht! Denke daran, daß Du der Ewige selbst bist - nicht der schlafende Alltagsmensch. Erwache und erhebe Dich, ewiger Mensch, und offenbare Deine göttliche Natur!"
Vivekananda.
K.O. Schmidt
zur Bhagavad Gita
Arjuna sagt, dass er sich besonnen hat und nach Krishnas Worten handeln will.
Diese achtzehn Kapitel des Epos haben das gesamte indische Geistesleben beeinflusst. Kein Text der Hinduliteratur wird so viel gelesen, so oft auswendig gelernt und so häufig zitiert, wie diese Verse. Viele Hindus ziehen das Buch als wichtigen Ratgeber heran und auch für Mahatma Gandhi war es von erheblicher Bedeutung:
„In der Bhagavadgita finde ich einen Trost, den ich selbst in der Bergpredigt vermisse. Wenn mir manchmal die Enttäuschung ins Antlitz starrt, wenn ich verlassen, keinen Lichtstrahl erblicke, greife ich zur Bhagavadgita. Dann finde ich hier und dort eine Strophe und beginne zu lächeln, inmitten aller Tragödien, und mein Leben ist voll von Tragödien gewesen. Wenn sie alle keine sichtbaren Wunden auf mir hinterlassen haben, verdanke ich dies den Lehren der Gita.“ [1]
Gandhi wollte dieses Werk noch mehr Menschen zugänglich machen. Darum verfasste er, obwohl kein Schriftgelehrter, eine Übersetzung in seine Muttersprache Gujarati und schrieb dazu auch eigene, knappe Kommentare. Diese Ausgabe widmete er den Armen, die wenig Geld für Bücher ausgeben können sowie denen, die selten Zeit zum Lesen haben; nach eigenen Worten den Frauen, Geschäftsleuten und Handwerkern. A.C. Bhaktivedanta Prabhupada bemerkte dazu, Gandhi habe die Bhagavad-gita mit der Absicht interpretiert, seine Theorie der Gewaltlosigkeit zu rechtfertigen und fragt: „Wie kann man unter Berufung auf die Bhagavad-gita für Gewaltlosigkeit eintreten? Die Bhagavad-gita handelt ja gerade davon, dass Arjuna nicht kämpfen wollte und dass Krishna ihn dazu bewegte, seine Gegner zu töten.“[2]
Die Bedeutung der Bhagavadgita erstreckt sich jedoch nicht nur auf Indien, auch für viele Nicht-Hindus gehört sie zu den großen religions-philosophischen Dichtungen der Weltliteratur. Al Biruni, ein persischer Universalgelehrter, hat sich mit ihr um 1000 in seinem berühmten Buch über Indien, dem Kitab-al-Hind, beschäftigt. Um 1600 hat Abul Fazl, der Historiograf des Mogulherrschers Akbar des Großen, das Werk in persische Prosa übertragen. 1785 kam die Bhagavadgita, durch den Orientalisten Charles Wilkins übersetzt, nach Europa. August Wilhelm Schlegel, der Inhaber des ersten Lehrstuhls für Indologie in Deutschland an der Universität Bonn, ließ sich in Paris Buchstaben für den Satz des indischen Devanagari-Alphabets herstellen, um damit die ersten Sanskrit-Texte in Europa zu drucken. Das erste Buch war 1823 die Bhagavadgita mit einer lateinischen Übersetzung von August Wilhelm.[3] Sie fand begeisterte Aufnahme und viele zeitgenössische Gelehrte verbreiteten sie unter ihren Schülern. Wilhelm von Humboldt schrieb 1825 bis 1826 zwei Abhandlungen darüber in den Schriften der Berliner Akademie. Er bezeichnete die Bhagavadgita als „… das schönste, ja vielleicht das einzig wahrhafte philosophische Gedicht, das alle uns bekannten Literaturen aufzuweisen haben“.[4]
Die Bhagavad-Gita wurde in Versform u. a. von Robert Boxberger (1870), Franz Hartmann (1904) Theodor Springmann(1920), und Leopold von Schroeder (1937) (ins Deutsche) und von Friedrich Rückert (ins Lateinische) übersetzt. Unter den zahlreichen Prosa-Übersetzungen sind nach Ansicht des Indologen Helmuth von Glasenapp diejenigen von Richard Garbe (1905), Paul Deussen (1906) und Rudolf Otto (1935) von besonderem wissenschaftlichem Wert.[5]
Sie übte großen Einfluss auf die Theosophie aus. Weltweit verbreitet ist heute die Übersetzung und Kommentierung „Bhagavad Gita Wie Sie Ist“ des ISKCON („Hare Krishna“)-Begründers Prabhupada, welcher die Lehren im Lichte des Gaudiya Vaishnavatums, einem Monotheismus, betrachtet.
Ebenfalls großen Einfluss übte sie auf das Denken/Verhalten von Robert Oppenheimer aus.[6]
Traditionell gehören die Kommentatoren einer spirituellen Tradition oder Schule und bestimmten Gurulinien an, die jede für sich beanspruchen, am zuverlässigsten den Originaltext wieder zu geben. Die verschiedenen Übersetzer und Kommentatoren haben bisweilen auch weit voneinander abweichende Ansichten über die Bedeutung bestimmter Sanskritwörter und Ausdrücke. Dies führt dazu, dass Interpretationen ganzer Abschnitte in den Literaturwissenschaften des Westens oft mit den traditionellen Ansichten nicht übereinstimmen.
Der älteste und zugleich einflussreichste Kommentar des Mittelalters stammt von Shankara, dem Gründer der Vedanta Schule der Nicht-Zweiheit (Advaita-Vedanta). Für ihn vertrat auch die Lehre der Gita seine Ansicht, die ganze Welt sei Erscheinung (Maya).[7] Ganz anderer Ansicht ist dagegen Ramanuja, der im elften Jahrhundert lebte und die Ansicht vertrat, dass die Welt keine Täuschung oder Illusion ist, sondern völlig vom Allerhöchsten abhängig ist. Folgerichtig wird daher von Ramanuja der Weg der Hingabe (Bhakti-Yoga) als die wichtigste Botschaft der Gita bezeichnet. Auch von Madhva (1199-1278), dem Begründer der Schule der Zweiheit (Dvaita-Vedanta), gibt es einen ausführlichen Kommentar zur Bhagavadgita.[8]
Im 20. Jahrhundert wurden bemerkenswerte Kommentare von den Großen der indischen Unabhängigkeitsbewegung Bal Gangadhar Tilak (während seiner Zeit im Gefängnis 1910/11), Mahatma Gandhi und Sri Aurobindo geschrieben. Andere moderne Kommentatoren waren Swami Vivekananda und Sarvepalli Radhakrishnan. Radhakrishnan schreibt, dass nach Aussage der Bhagavadgita ein Kampf zwischen Gut und Böse in der Welt stattfindet, an dem Gott innigen Anteil nehme. Radhakrishnan sieht in der Gestalt von Krishna, wie sie in der Gita erscheint, eine Veranschaulichung der geistigen Quellen und der verborgenen Göttlichkeit des Menschen.[9] Paramahansa Yogananda, Autor der berühmten Autobiografie eines Yogi, verfasste einen umfangreichen Kommentar für Yogis und speziell für seinen Kriya-Yoga.[10] A. C. Bhaktivedanta, Gründer der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein (ISKCON), schrieb einen Kommentar zur Gita aus der Perspektive der Gaudiya-Vaishnava-Schule, eine vishnuitische Lehre, welche die Verehrung des göttlichen Paares Radha-Krishna sowie das Singen und Rezitieren ihrer Namen ins Zentrum der Verehrung stellt.
Aus anderer Sicht:
Wirkung des Gesanges auf Wasserkristalle