
G E D I C H T E
AUS BAND 3 DER
ERSTAUSGABE
( Herbst 1934 bis
Herbst 1936 )
I N H A L T S Ü B E R
S I C H T
Gedichte
aus Band 3 der Erstausgabe
(Herbst
1934 bis Herbst 1936)
 |
Ich kann
nicht mehr! |
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Und müde
Menschen stehn am Weg und warten |
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„Mich dürstet nach der Wahrheit!"
sprach der Tor |
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Wandle, o
Wissender, würdig den Weg
des Gesetzes |
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Nimm hin
die unsichtbare Wehr |
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Ertrage
noch, ertrage |
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Erlösung
kommt von innen, nicht von außen |
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Du
trotzige Tanne, was stehst du allein |
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„Schließ
die Türen, schließ die Fenster" |
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Glühende
Lava des Leidens |
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Der Namen
viele trug ich durch die Zeit |
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Heiliges
Leben! Unzählbare Formen erfüllend |
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Verheißung stieg im Traume |
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In meine
Seele fiel ein schweres Weh |
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Frühling
ist in mir und Freuen! |
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O des
Lebens wunderhelle Silberquelle! |
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Ich folg'
dem fernen Klang |
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Schon
baut die Nacht zum Morgenrot |
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Nur gegen
euch, ihr Lauen, kann ich für
euch kämpfen! |
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Nicht
Gott verhüllt geheimnisvoll sein Walten
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Wer
wirken will, muß warten lernen |
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Es ist
dem Geist gegeben |
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Künstlerschaft ist das Vermögen |
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Noch wißt
ihr nicht um eure hellsten Stunden |
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Getragen
von der Lust der lauten Stunden |
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Karg wie
mein Tag war sein Ertrag |
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Es ist
mein Schmerz erstarrt |
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„Weihnachtsengel, bring den Frieden!"
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Urew'ge Liebe, Anfang und
Vollendung |
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Ich kann nicht mehr!
Mein Planen ist zu Ende
und meines Hoffens
kleine Stimme schweigt.
Nur Steine sind's,
an die ich mich verschwende;
sooft ich sie
bezwing', dröhn neue Felsenwände
und mehren meines
steilen Wegs Beschwer.
Ich kann nicht mehr!
Zog ich nicht aus,
dem Wunder zu begegnen,
und stieg herauf,
dem Lichte nah zu sein?
Und war bereit, zu
glauben und zu segnen -
und fand nur Stein!
Zurück ins Tal! Die
Nebelgeister schweben
und weben graue
Schleier um die Stadt,
in deren Schutz die
Sehnsuchtslosen leben,
die ihre Güter
tauschen und den Blick nicht heben,
wenn sich ein
Lichtstrahl scheu zu ihnen stahl . . .
Zurück ins Tal - ?
Nein! Lieber sterben
angesichts der Sterne!
Die nach mir kommen,
nützen meine Spur,
bis einmal einer
siegt! Ich war ihm gerne
der Wegbereiter nur.

Und müde Menschen
stehn am Weg und warten
und sehn durch
Gitter einen fremden Garten
und halten ihrer
Hände leere Schalen
vom Morgenlicht bis
zu den letzten Strahlen
und halten ihre
glückbereite Seele offen
und hoffen -
wie du.
Schau, alle Menschen
stehn am Weg und warten,
durch Gitterstäbe
sehn auch die im Garten.
Nur Geberhände sind
gefüllte Schalen.
Schenk dich dem
großen Licht! Im Miterstrahlen
vergiß dich selbst!
Doch allen, die da leidend hoffen,
sei offen -
auch du.
„Mich dürstet nach
der Weisheit!", sprach der Tor
und sandte Knechte
aus ins Land der Weisen,
daß sie mit Eimern
schöpften aus dem Strom
die Wasser, die das
Land der Weisen speisen.
Drauf schleppten sie
das Naß, viel Eimer voll,
durchs dämmerkühle
Tor der Stadt der Enge.
Was nicht
verschüttet ward, das schmeckte schal -
und so verfiel der
Trank dem Hohn der Menge.
Im Pilgerkleide
schritt der Tor
aus jener Stadt der
vielen wirren Gassen
und sah die Seinen
teil'n sein Hab und Gut
und ging dahin,
verlästert und verlassen,
und trug der langen
Wanderstraße Staub
von Land zu Land,
von Hoffnung zu Entsagung -
und trank aus jedem
Quell und schöpft' aus jedem Strom
doch seiner Seele
Durst blieb ohne Labung.
Am Straßenrand sank
er ermattet hin
„ein leerer Krug",
so schien es ihm im Traume -
und zahllos standen
Krüge neben ihm,
so weit sein suchend
Auge reicht' im Räume.
Vom Himmel fiel ein
Regen goldnen Lichts
und füllte bis zum
Rand die leeren Krüge,
doch wenig faßten
die, die überquoll'n
vom trüben Trank aus
Leid und Lust und Lüge.
Und eine große
Stimme kam herab
aus ungemeßner,
unerfaßter Ferne -
und lichterblindet
neigt der Tor sein Haupt -
und Worte fallen
über ihn wie Sterne:
„Du suchtest mich,
doch ich bin dort wie hier
und immer! - Hör,
was ich dir heut' enthülle:
Die Wasser ew'gen
Lebens sind in dir!
Wer leer und rein
ist, faßt der Weisheit Fülle!"
Wandle, o Wissender,
würdig den Weg des Gesetzes,
das zu ergründen du
suchst mit des Strebens Geduld.
Löse die letzte der
Maschen des weltlichen Netzes,
der du ums Ziel
weißt, bei dir erst wird Irrtum zur Schuld.
Beispiel und Vorbild
nur können den Menschen belehren,
Wissen muß jeder,
wie du, sich erwerben allein.
Erst wenn dein
Wandel bezeugt deines Wissens Bewähren,
wirst du ein Weiser
und ändern ein Wegweiser sein.

Nimm hin die
unsichtbare Wehr,
gehärtet in des
Lebens lautrer Schmiede,
geglüht in deiner
Leiden Loderflammen,
geschärft am harten
Wetzstein Wirklichkeit
sie ist geweiht!
Ihr eignet
sonderliche Kraft,
daß sie verwandelt,
aber nicht verwundet,
daß sie begeistert,
ohne zu versengen,
und der Verblendung
buntes Bild zerstört -
eh es betört.
Nicht ein Geschenk,
dein Eigen nimm
und wahre wissend
ihres Wirkens Wunder!
Denn deinem Geist
entströmen ihre Kräfte,
die Schöpferkräfte,
die er einst verdarb -
und neu erwarb.

Ertrage noch,
ertrage
die grau verhangnen
Tage,
wir Wolken weilen
nicht!
Wir tragen eure
Tränen
in großen grauen
Kähnen,
bis wir vergehn im
Licht.
Daß sich die Last
nicht mehre,
daß mild sie sich
verkläre,
leg noch ein Lächeln
zu!
Dann wird wie blaue
Seide
und
Sonnengoldgeschmeide
dein Himmel, glaub
uns, du!
Vertraue doch,
vertraue!
Wir segeln sacht ins
Blaue
mit deines Leides
Last,
bis wir im Licht der
Ferne
so gerne, ach, so
gerne
verglühn zu goldnem
Glast . .

Erlösung kommt von
innen, nicht von außen
und wird erworben
nur, und nicht geschenkt.
Sie ist die Kraft
des Innern, die von draußen
rückstrahlend deines
Schicksals Ströme lenkt.
Was fürchtet du? Es
kann dir nur begegnen,
was dir gemäß und
was dir dienlich ist.
Ich weiß den Tag, da
du dein Leid wirst segnen,
das dich gelehrt zu
werden, was du bist!

Du trotzige Tanne,
was stehst du allein,
was fliehst du der
Schwestern geordnete Reih'n,
du argloses,
achtloses Kind?
Du willst wohl die
Welt und die Wolken sehn,
doch mußt du so nah
an der Straße stehn,
so nah, daß ein
Wagen dich niederstieß?
Nun klag es dem, der
dich trotzig sein hieß,
nun klag es dem
vorlauten Wind!
Was kümmert's den
Wagen, der dich überfuhr?
Er zieht seiner
rastlosen Räder Spur
durch alle, die
unter ihm sind.
Die Schwestern im
Walde stehn streng und steil,
ihr Plätzchen ist
eng, doch ihr Körper ist heil,
für dich und dein
Leid sind sie blind.
Dein Stamm bleibt
geknickt - und doch trauerst du nicht,
du sehnst dich und
dehnst dich und hebst dich zum Licht,
zu neuem, erlöstem,
begnadetem Sein
und breitest die
Arme im Sonnenschein!
Von denen, die
wegmüde sind,
schon mancher durch
dich zu sich selber fand,
du knieender Beter
am Straßenrand.

„Schließ die Türen,
schließ die Fenster,
die
Novemberluft-Gespenster
drängen, drücken
sich herein!
Sag, wie soll ich
sie vertreiben?
Dunkelheit hockt vor
den Scheiben
wie ein
sprungbereites Tier,
und auf leisen
Raubtiersohlen,
seine Beute sich zu
holen,
schleicht der Wind -
bald dort, bald hier
reißt er tückisch
eine Ecke
vom Gesimse -,
schnell, verstecke,
schnell, errette
mich vor ihm!"
Kind, mein Kind, du
siehst Gespenster,
weil du zwischen Tür
und Fenster
wie in einer Festung
haust!
Deine Seele geht
gefangen
zwischen Bangen und
Verlangen,
zwischen Mauern, die
du baust,
hin und her und auf
und nieder.
Klingt dein Schritt
gespenstisch wider,
ist's das Echo nicht
allein!
Hinter feindlich
starken Mauern
hört sich Bitten an
wie Lauern,
sieh, mein Kind, das
macht der Stein!

Glühende Lava des
Leidens,
zu steinernem Strome
erstarrend,
reißt nur die
lieblosen Herzen
mit sich in den
Strom des Erkaltens.
Du aber weißt um die
Kunst der Verwandlung,
o flammende Seele,
du allein wandelst
der Trübsal
gewaltig sich
wälzende Woge
furchtlos im Feuer
der lodernden Liebe zu lauterem Golde.

Der Namen viele trug
ich durch die Zeit,
von ihrer Last hat
mich die Zeit befreit.
Denn Namen sind wie
Rahmen um ein Bild
und schließen ein,
was trotzig oder mild,
was lächelnd oder
wichtig blickt und prahlt,
und doch nur Fläche
ist und nur gemalt,
ein Teil des Wesens
nur, ein blasser Schein.
Kein Rahmen faßt des
Geistes ganzes Sein.
Der Namen viele trug
ich durch die Zeit,
sie sind mir fremd
und glänzen matt und weit.
Von manchen bröckelt
Ruhm wie Blattgold ab
und sinkt zu
Längstvergessenem hinab.
Das bißchen Gute,
das ich je vollbracht,
gab weiter ich an
den, der's besser macht.
In jedem Bild
gemahnt ein Zug an mich,
ein Zug, nicht mehr,
erst alle sind mein Ich!
Der Namen viele trug
ich durch die Zeit
zum namenlosen
Strand der Ewigkeit
und tauch' ins Meer
der Namenlosigkeit . . .

Heiliges Leben!
Unzählbare Formen
erfüllend,
Formen verwandelnd,
zerbrechend und neu dich umhüllend,
strömst du, o Atem
der Gottheit, durchs endlose All!
Deiner Geschöpfe
vereinigtes Rufen und Ringen,
weltenumwälzender
Taten gigantisch Vollbringen
ist deines mächtigen
Rufes rückkehrender Schall.

Verheißung stieg im
Traume
aus endlos tiefem
Räume
und sprach: „Was
deine Sehnsucht sucht, ist dein!
Du wirst viel Tränen
stillen
und leere Hände
füllen
und wirst der
Gottesgabe Geber sein!"
Der Tag ging hin im
Warten -
die Frucht in meinem
Garten
blieb karg und
kümmerlich wie eh und je,
und dennoch fand das
Zeichen
Erfüllung
ohnegleichen,
in deren Glanz ich
wie ein König steh'.
Und ward mir
zugemessen
der kleinste Teil
nur dessen,
was ich erstrebte
und erbat für mich,
so ward mir doch die
Gabe,
zu teilen meine Habe
mit denen, die noch
ärmer sind als ich.

In meine Seele fiel
ein schweres Weh,
gleich wie ein Stein
in einen tiefen See,
und um die Wunde,
die der Stein geritzt,
aus der erst
springquellgleich das Leben spritzt,
baut Heilung ihre
Dämme, Ring für Ring . . .
Bald blaut mein See
gestillt, das Weh verging,
verzitternd
uferwärts im letzten Kreis.
Die Tiefe aber gibt
ihr Weh nicht preis,
denn jeder Stein
befestigt ihren Grund,
hilft tragen ihrer
Wasser weites Rund.
So wird gewandelt
Weh zum Fundament,
so wird zum Segen,
was man Schmerzen nennt.

In meine Seele fiel
ein schweres Weh,
gleich wie ein Stein
in einen tiefen See,
und um die Wunde,
die der Stein geritzt,
aus der erst
springquellgleich das Leben spritzt,
baut Heilung ihre
Dämme, Ring für Ring . . .
Bald blaut mein See
gestillt, das Weh verging,
verzitternd
uferwärts im letzten Kreis.
Die Tiefe aber gibt
ihr Weh nicht preis,
denn jeder Stein
befestigt ihren Grund,
hilft tragen ihrer
Wasser weites Rund.
So wird gewandelt
Weh zum Fundament,
so wird zum Segen,
was man Schmerzen nennt.

Frühling ist in mir
und Freuen!
Hoffend harr' ich
stets des Neuen,
sehnend seh' ich
schon den Morgen,
der, im Abendrot
verborgen,
seines Lichtes Sieg
mir kündet
und die Freudenfeuer
zündet!
Was mir Schönes ist
begegnet,
hat der Morgen mir
gesegnet.
Was mich heute quält
und drückt,
morgen ist es längst
entrückt.
Was ich töricht heut
versäumte,
hol' ich nach, wenn
der erträumte,
der ersehnte Morgen
tagt,
schenkend, was das
Heut' versagt.
Mich dem Licht
entgegenfreuend,
bessermachend statt
bereuend,
unterwegs und doch
geborgen,
eil' von Morgen ich
zu Morgen,
mühelos, wie
Lerchenstimmen
ihres Jubels Höh'
erklimmen,
sieggewiß wie dieser
Zeit
frühlingshafte
Freudigkeit.

O des Lebens
wunderhelle
Silberquelle!
Ungestüm drängt
Well' um Welle,
pulsend aus
geborgnen Tiefen,
drin die
Himmelswasser schliefen
lange - lange -
bis im
Sehnsuchtsüberschwange
selig sie dem Stein
entstiegen.
Sie, die lange,
lange schwiegen,
wollen reden,
raunen, rauschen,
mit dem Echo Grüße
tauschen
in der
morgenfrischen Kühle,
und in
Sommermittagsschwüle
Blumen tränken,
Labsal schenken.
Kommt der Abend
dann, der immer
seinen Dämmerteppich
breitet,
daß die Nacht im
Sternenschimmer
unhörbar
darüberschreitet,
hebt die Quelle an
zu singen . . .
bis die
schlafbefangnen Seelen
unbewußt im
Miterklingen
sich dem
Himmelsglanz vermählen.
Du, von allen
Wundern helle
Silberquelle!
Wer wie du aus Nacht
gekommen,
weiß zur Nacht mit
fröhlich frommen
Silberstimmen süß zu
trösten,
mit dem Wissen der
Erlösten.

Ich folg' dem fernen
Klang
und hör' den fremden
Sang
vom erdentrückten
Land herüberwehn -
opalne Nebel
schieiern seine Pracht.
Ich hab' es nie
gesehn
und doch, seit ich
gedacht,
zur Heimat mir
gemacht.
Als ich den Klang
verlor,
ging ich durchs
dunkle Tor
wie alle, die der
Welt verpflichtet sind,
des Staubes Herr,
der Mühsal müder Knecht,
und bat den
Sommerwind,
daß er mir
wiederbrächt'
mein altes
Heimatrecht.
Ich geh' der Zeit
entlang -
ihr macht mir nimmer
bang
mit eurem Wichtigtun
um Nichtigkeit,
doch ihres Lächelns
Licht verrät mir die,
mit denen
zeitbefreit,
nach gleicher
Melodie
ich meine Straße
zieh'.
Schon baut die Nacht
zum Morgenrot
die glitzernde
Brücke aus Tau.
Streif ab die
drückenden Schuhe der Not,
den engenden Gürtel,
das Erdengebot,
dann trägt dich ihr
luftiger Bau.
Verschwebend wie ein
Moll-Akkord
entschwindet dir
jegliche Qual,
und was auf Erden
dir welkt und verdorrt,
entblüht deinen
Tränen, entsprießt deinem Wort
in diesem
geheiligten Tal.
Entriegelt ist das
Tor der Nacht
dem ehrfürchtig
strebenden Geist.
Dein Werk in der
Wirkung erschau mit Bedacht,
und bist du zum
irdischen Morgen erwacht,
dann tu, wie dein
Wissen dich heißt.

Nur gegen euch, ihr
Lauen, kann ich für euch kämpfen!
Was nützt' ich euch,
wollt' ich die Stimme dämpfen,
ein Stummer, kann er
andre sprechen lehren?
Ich bin gesandt zu
jenen, die sich wehren,
und denen, die mir
meinen Weg erschweren,
soll Führer ich und
Wegbereiter sein.
Der Leidgewohnten
stumpf getragnes Leid zu lindern,
für die zu wirken,
die mein Wirken hindern,
dem Moor der
Mittelmäßigkeit zu widerstreben,
es auszutrocknen,
seinen Grund zu heben -
nur gegen euch
vermag ich's euch zu geben,
mein flammend »Ja«
in euer träges »Nein«!

Nicht Gott verhüllt
geheimnisvoll sein Walten,
den hüllend Schleier
trägst, o Mensch, nur du.
Die Stimmen
schwiegen nie, die allen galten,
von deren Klang die
Himmel widerhallten,
vor dir nur tat des
Paradieses Tor sich zu.
Du gehst im Licht
und siehst nur, daß die Strahlen
der Dinge Schatten
auf den Boden malen,
der Dinge Wesen
siehst und suchst du nicht.
Es predigt dir das
schattenlose Licht
und Erd' und Himmel
woll'n dir Antwort geben;
dein friedlos Fragen
nur und friedlos Leben
ist schuld, daß du
die Antwort nicht verstehst
und unerlöst durch
ungelöste Rätsel gehst.
Erlöser sollst du
sein in Gottes Garten
und hörst die
Stimmen nicht, die hilflos zarten,
und weißt es nicht,
wie alle Wesen warten -
doch eine Stimme
ist, die überhörst du nicht!
Weh - wenn des
Sturmes starke Stimme spricht!

Wer wirken will, muß
warten lernen,
nichts schadet mehr
als ungereifte Tat,
dem Mutterschoß
vorschnell entriss'ne Saat,
obgleich die Menge
solches Tun bejaht
und laut als Sterne
preist die Blendlaternen.
Die wahre Tat zu
tun, die klare, reine,
die gottgewollte,
die dein Sehnen ahnt,
die vielen Suchenden
den Lichtweg bahnt -
bleib fest im
Warten, bis mein Ruf dich mahnt.
Dann stehe auf und
tu das Deine!

Es ist dem Geist
gegeben,
sich machtvoll zu
erheben
und im
Emporgestalten
der Welt sich zu
entfalten.
Und liegt die Welt
darnieder,
erkenn dich in ihr
wieder
und gib ihr neue
Prägung
durch geistige
Erhebung!

Künstlerschaft ist
das Vermögen,
aus allen
vorhandenen Kräften
jene nur weise zu
wählen,
die zwanglos sich
einen und binden,
weil sie,
gemeinsamer Wurzel entwachsend,
in grünenden
Schäften
Wissen ums Eins-Sein
bewahren,
bis sie in der Krone
es finden.
Wahrhaft ein
Künstler zu sein,
heißt dem heimlichen
Klang nachzuspüren,
mitleidend seine im
Chaos des Fremdlauts
verstummende Trauer,
um ihn durch
sorglich gereihte Akkorde
zur Lösung zu
führen,
gleich wie uns
Menschen zur Heimat geleitet
der Weltenerbauer.

Noch wißt ihr nicht
um eure hellsten Stunden,
noch ist euch
unbewußt die schöpferische Kraft,
Geheimnis noch der
Ruf, der sie entbunden,
der Grund, dem sie
erwachend sich entwunden,
ein Abgrund, dem ihr
euer Werk entrafft.
Dann steht es da,
dem Erdenlicht gewonnen,
ein Stück von euch -
und fremd und fern zugleich,
und sagt nichts aus
vom Werden, das begonnen
im dunkel tiefen
Urgeheimnisbronnen,
eh' eure Hand es hob
ins Menschenreich.
Noch wißt ihr nicht
um eure hellsten Stunden,
noch schauert
Einsamkeit im unbegangnen Land.
Nach vielen Wegen
erst und vielen Wunden
wird euer Herz sein
Eingangstor erkunden
und sehn - daß es
schon lange offen stand.

Getragen von der
Lust der lauten Stunden,
wie Blätter treiben,
die der Wind bewegt,
und jeder
Zugehörigkeit entbunden -
so hat mein sehnend
Suchen dich gefunden.
Ans Spiel verloren
sahst du mich nicht kommen
und wußtest nicht,
wer dir die Brücke schlägt,
auf der dein Fuß,
noch zögernd und beklommen,
hinübergeht zum
Strand der kindlich Frommen.
Die Brücke ist so
lang wie Leid und Sehnen
und scheint bei
jedem Schritte sich zu dehnen
und trägt des
himmelhohen Bogens Rund
hoch übern Strom der
ungeweinten Tränen.
Schon dringt mein
Ruf zu dir, der Langentbehrten!
Aus blauem Dämmer
blühen weiße Gärten,
und mitzufeiern
unsern heil'gen Bund
nahn grüßend dir die
künftigen Gefährten.

Karg wie mein Tag
war sein Ertrag.
Sonnabendwärts
zog mich mein Herz
zum träumeumrankten,
zum strahlenden Strand
im Abendrotbrand.
Wie ich's erträumt,
silberngesäumt,
sternenbestickt
hab' ich erblickt
der sachte sich
senkenden schweigenden Nacht
schwarzsamtene
Pracht.
Sterben ist leicht,
glaub' mir, es
gleicht
glückhaftem Traum.
Weit wird der Raum -
du schenkst dich in
uferlos strömendem Glück
dem Urmeer zurück .
. .
Es ist mein Schmerz
erstarrt
zu einem stummen
Schrei,
der seiner Lösung
harrt.
Die Tage ziehn
vorbei,
geht jeder seinen
Gang,
hat jeder seinen
Klang,
nur meinen stummen
Schrei
macht keiner frei .
. .
So komm' ich, Herr,
zu dir!
Wohl kann ich dich
nicht sehn,
das Fünklein hier in
mir
kann nicht dein
Licht verstehn.
Ich weiß nur, daß du
bist,
und weiß: Verwandelt
ist
mein Weh und wird
dabei
zum Jubelschrei!

„Weihnachtsengel,
bring den Frieden!
Weihnachtsengel,
schenk den müden
sorgensatten Augen
Schlummer!
Spitze Dornen
schlägt der Kummer
in die Stirne - lös
den Reifen,
sieh der Wunden
roten Streifen!"
Du fühlst Dornen,
ich seh' Rosen!
Wir im Land der
Leidenslosen
woll'n des Leides
heü'ges Wissen
nicht mehr missen,
und auch du bist
ausersehen,
einst im
Blütenschmuck zu gehn.
Sachte, sachte -
es erdachte
jede Blüte
Gottes Güte!
Stille, stille -
höchster Wille
will nur krönen
dich mit schönen
roten Rosen
für das Land der
Leidenslosen.

Urew'ge Liebe,
Anfang und Vollendung,
Ursprung und Ziel!
An jeder Wegeswendung
rückschauend halt'
ich Rast, um mich zu laben,
und auf den Spuren,
die mein Fuß gegraben,
geht das Erinnern
meinen Weg zurück . . .
Und aus den Stapfen,
die entgegenkommen,
steigt Bild um Bild.
- Du hast sie mir genommen,
weil sich mein Herz,
das allzuleicht verschenkte,
ans Bild verlor.
Doch immer wieder drängte
mein hoffend Herz zu
nie erfülltem Glück. -
Wie ein Verbannter
zog ich einst die Straßen,
als ein Verkannter
litt ich ohne Maßen,
nur Halbheit ward
mir, wo ich Ew'ges meinte,
bis sich mir Bild um
Bild in dir vereinte;
von deinem Glanz ist
jedes nur ein Stück.
Urew'ge Liebe, Vater
aller Wesen,
dein Siegel steht
auf jeder Stirn zu lesen,
dein Glanz strahlt
mir aus allen Augen wider,
dein Segen strömt
als Licht zur Erde nieder.
Eh' ich dich suchte,
bist du mir begegnet,
eh' ich mich sehnte,
hast du mich gesegnet!

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