jardin30

 

Und einmal führt dein Weg nach Golgatha . . .

 

Ob er aus Glückes Höh' sich neigt,

ob er aus sünd'gen Tiefen steigt,

ob dich die Menschen haßten, ob sie Hosianna riefen -

hinab von jeder Höh', herauf aus allen Tiefen

führt einmal doch der Weg nach Golgatha,

und du erlebst es selbst, was einst dem Herrn geschah.

Doch einmal endet auch die tiefste Nacht,

und tiefstes Leid, so wie es kam,

vergeht, wie alles, was es nahm,

und ganz verlassen stehst du einst

am Berg der Einsamkeiten .

Doch nicht umsonst - um deinen Brüdern zu bereiten

den Weg, hast du dein Golgatha vollbracht.

Ein unvergänglich lichter Tag folgt dieser Nacht.

 

Du mußt nur stille sein, du mußt nur lauschen . . .

dann hörst du überall die ew'gen Brunnen rauschen

und hörst nur sie

Es stört dich niemals mehr der Menschen lautes Wort,

und daß sie lügen! Du erkennst sofort,

wie arm sie sind,

und wirst Vergeltung nicht, nur Milde üben,

denn die Bedrängten willst du nicht noch mehr betrüben,

willst helfen nur!

Und wie du helfen kannst? Wenn ihre Klagen

wie eine bittre Flut an deine Ohren schlagen,

dann höre 2u!

Doch höre nur des ew'gen Brunnens Rauschen

und merk, wie Menschen wunderlich vertauschen

und unbewußt

die Ursach' mit der Wirkung, wie sie »Müssen« sagen

und »Wollen« meinen, wie sie keuchend tragen

die eigne Last,

die selbstgewählte, die sie Zufall nennen,

und merk, daß sie die Blindheit vorziehn dem Erkennen

der eignen Schuld!

Doch ist's, als ob aus ew'gen Brunnens Tiefe

ihr Geist, im Fleisch gefangen, dich um Hilfe riefe,

weil du ihn hörst!

Kennst du die Quellen, die im Menschen fließen,

dann weißt du auch: Gerade was sie von sich stießen,

Tut ihnen not!

Und gibst du Antwort, gib sie nicht den lauten Klagen,

der leisen Geistesstimme sollst du sagen

das rechte Wort!